Die Sängerin, Rapperin, DJ und Produzentin Pookie flieht als Kind mit ihrer Familie vor dem Krieg im Sudan. Heute sitzt sie als erwachsene Frau in Interviews und berichtet davon, wie diese Erfahrungen sie zu der Künstlerin machten, die sie heute ist. Was bei Pookie politisch oder persönlich ist, lässt sich kaum voneinander trennen.
Achol Agaar wird Mitte der 90er Jahre und somit mitten im zweiten Sezessionskrieg des Südsudans geboren. Als sie noch nicht einmal sechs Jahre alt ist, flieht sie mit ihrem älteren Bruder und ihren Eltern aus der Heimat ins Nachbarland Kenia. Dort verbringt Achol lange Zeit im Flüchtlingscamp Kakuma, das mit beinahe einer Viertelmillion Bewohner:innen zu den größten Flüchtlingslagern der Welt gehört. Um sich dort die Zeit zu vertreiben, besorgt ihr Bruder der Familie eine Lautsprecheranlage, über die fortan beinahe durchgehend Musik spielt. Pookie entdeckt so ihre Liebe zum Tanz, zur Musik und zu Frauen wie Missy Elliott, Beyoncé oder Christina Milian. Im Jahr 2003 erhält die Familie die lang erwartete Genehmigung, nach Australien zu emigrieren.
Dort angekommen, interessiert Achol sich weiter für die jene Musik, die im Flüchtlingslager ihren Alltag bestimmte. Immer weiter sucht sie nach Frauen, die nicht dünn, weiß und konventionell attraktiv sind, um sich Vorbilder zu schaffen. Dass das Mobbing, das sie in der fünften Klasse in Australien erdulden muss, mit ihrer Herkunft und Hautfarbe zusammenhängt, versteht sie zunächst nicht. Schwarze Frauen betrachtet Pookie als ein Symbol von Stärke und Schönheit, niemals als eines von Schwäche. Erst als sie nach einiger Zeit eine freundschaftliche Beziehung zu ihrem Mobber aufbaut und dieser ihr von dem rassistischen Gedankengut seines Vaters erzählt, versteht sie, dass die Akzeptanz Schwarzer Frauen auch in der neuen, angeblich doch sicheren Heimat keine Selbstverständlichkeit ist.
Heute lebt Pookie immer noch im australischen Melbourne und kämpft dort unabdinglich für die Repräsentanz Schwarzer Frauen. Im Interview mit RAP IT UP sagt sie: „I feel like there is no justice for black people.” Statt weiße Menschen eines besseren belehren zu wollen und mit Verständnis auf Rassisten zuzugehen, wendet Pookie sich lieber von ihnen ab. Ihr Ziel sind stattdessen safe spaces für women of color.
Neben ihrem politischen Aktivismus bewahrt sie sich ihre Liebe zur Musik. 2020 veröffentlicht Pookie mit „Tuesday“ ihre Debüt-Single. Für das erste Release überaus selbstbewusst, macht die Künstlerin auf dieser Single deutlich, dass sie die richtigen Leute um sich hat und nicht mehr auf schlechte Menschen reinfällt: ein Rapresenter, wie er im Buche steht. Schon im Folgejahr 2021 legt Pookie mit zahlreichen Releases nach. Mit ihrer zweiten Single „Beast Mode“ präsentiert sie eine ebenso selbstsichere, aber noch entschlossenere Version ihrer Selbst:
Don’t ever try to understand me, you cannot, it is written, do you understand me?
Lyrics „Beast Mode“
Some bitches can’t seem to stab me but they used to love me long time, used to bear me
What can I say, I get bad effect, haters gonna hate, baby, that’s a fact
What can I say, I know how to act, every time I slay they want to attack”
Auf Pookies erste Singles folgen schon bald die EP „Dinka Girl“ sowie das Debüt-Album „FLick“, die die Künstlerin beide von einer zunehmend politischen Seite zeigen. Ein Großteil der Tracks orientiert sich an der Attitüde ihrer vorherigen Songs, wobei sie sich dieses Mal nicht gegen gesichtslose Gegner behauptet, sondern Feinbilder benennt: Rassismus gegenüber Schwarzen Frauen, indigenous people und Strukturen, die diese Diskriminierungen ermöglichen, stehen auf ihrer ganz persönlichen schwarzen Liste. Zwischen Oldschool-Einschlägen und Trap-Beats probiert sie sich auf musikalischer Ebene sichtlich aus, inhaltlich gibt sie aber eine klare Richtung vor. Die Themen, die sie bewegen, stammen nicht aus dem Politik-Unterricht oder ihrer Social-Media-Timeline. Politisches und Persönliches ist bei Pookie kaum zu trennen. Genau das lässt ihre Texte so authentisch wirken.