„Live auftreten ist natürlich das Geilste“, erklärt ZAVET im Gespräch mit Deutschlands HipHop-Erklärbär Nummer eins, Falk Schacht. Sie träumt den Traum vieler aufstrebender Künstler:innen, irgendwann von ihrer Musik leben zu können. Anfang 2023 sieht es zwar so aus, als sei dahin noch ein weiter Weg zurückzulegen. Das grundsolide Fundament ihrer Karriere hat ZAVET allerdings schon einmal gelegt, und Rückschläge bringen sie so schnell nicht vom Kurs ab.
Ihre Ausdauer, ihr Durchhaltevermögen führt ZAVET zumindest teilweise auf ihre Herkunft zurück. „Ich wurde in Sibirien geboren“, erzählt sie. „Das erste, das den Leuten dazu einfällt, ist, dass es da sehr kalt ist, bis zu minus 50 Grad.“ Die lebensfeindliche Umgebung hinterlasse Spuren bei den Menschen: „Der Lifestyle ist einfach ein krasser Hustle“, bringt sie es auf den Punkt. Das prägt, obwohl sie den eisigen Norden Russlands schon früh verlässt. Als ihre Eltern mit ihr und ihren Geschwistern in ein neues, hoffentlich besseres Leben aufbrechen, ist ZAVET gerade zwei Jahre alt.
Die Familie findet eine neue Heimat in einer bayerischen Kleinstadt. „Sehr konservativ“, findet ZAVET im Rückblick. Eine wie sie, die träumt, als Rapperin und Sängerin Karriere zu machen, wird dort angestarrt wie ein karierter Hund. Dass sie den langweiligen Bürojob, den sie, wohl auch um Erwartungen zu entsprechen, nach der Schule antritt, nicht ewig machen wird, war ihr früh klar: „Ich hab‘ quasi unterm Schreibtisch schon an meinen Songtexten geschrieben.“ Nach Feierabend beginnt sie zudem, selbst zu produzieren und aufzunehmen.
Spätestens nach ihrem Umzug nach Mannheim, eine Stadt, die ZAVET vor allem des kulturellen Angebots wegen zu schätzen weiß, nimmt ihr Traum greifbare Formen an. Sie kommt im Herbst 2021 beim Majorlabel Warner unter, veröffentlicht erste Singles. Ihre dritte, „Husky Augen“, erzählt ihre Migrationsgeschichte.
„Die Hälfte meiner Family lebt auch noch in Sibirien“, erklärt die Newcomerin. Es ist ZAVET wichtig, den Bezug zu ihren Wurzeln nicht zu verlieren. Dagegen legt sie nicht so viel Wert darauf, in welche musikalische Schublade die Leute sie stecken. Irgendwo zwischen Pop und Rap verortet sie sich selbst, lässt aber auch Einflüsse aus anderen Bereichen des HipHop und R&B zu. „Ich will mich da gar nicht so festlegen.“ Da sie Rap und Gesang gleichermaßen smooth auf ihre meist Trap-lastigen Beats bringt, kann sie sich derlei Unentschlossenheit auch locker leisten.
Thematisch lässt sich ZAVET nicht auf großspurige Reden ein. Authentizität bleibt ihr oberstes Gebot. Über die Roli am Handgelenk, Markenklamotten oder Luxuskarossen zu schreiben, juckt sie nicht: „Wie viel, die am Anfang ihrer Karriere stehen, bin ich broke as fuck“, grinst sie. „Ich will nur über das schreiben, das auch Fakt ist.“ Also schreibt sie, über den Ausbruch aus unbefriedigenden 9-to-5-Jobs, den immer wieder aus der Versenkung auftauchenden Ex oder eben über ihre sibirischen Wurzeln, und man glaubt ihr in jeder Zeile, dass sie all das, wovon sie da spricht, tatsächlich erlebt hat.
Spätestens, als sie sich „In My Mind“ krallt, den 2017er-Hit von Dynoro und Gigi D’Agostino, ihn zu „in my mind (…sind wir perfekt)“ umbaut und mit der, wie ihr Label schwärmt, „tanzbaren Breakup-Hymne“ auf TikTok viral geht, stehen alle Zeichen eigentlich bestens für ZAVET.
Sie plant eine Tour, nur ergeht es ihr wie leider vielen kleineren Künstler:innen: Corona hat Spuren in der deutschen Musiklandschaft hinterlassen. „Leider muss die Husky-Tour auf nächstes Jahr verschoben werden“, schreibt sie. „Ich bin ehrlich mit euch, es wurden einfach noch zu wenig Tickets verkauft, damit die Tour so stattfinden kann, wie ich es mir vorstelle und ich euch wirklich 1000% geben kann.“
Um etliche Stationen verkürzt und auf intimere Locations downgegradet, soll es im Herbst 2023 nun aber wirklich losgehen. Die neuen Termine stehen, und wer weiß? Vielleicht hat sie bis dahin nicht nur ihre bisherigen Singles im Gepäck, sondern auch eine EP… oder gleich ein Album? Für Februar, munkelt man, sei ein Release geplant. Dagegen spricht, zumindest von unserer Seite, genau nichts.