Diana Avella, eine Künstlerin und Rapperin, deren Portrait in unserer „365 Female* MCs“-Reihe mehr als überfällig ist, gehört seit nun fast 20 Jahren in ihrer Heimat Kolumbien zu den wichtigsten Persönlichkeiten der lokalen Rap- bzw. HipHop-Szene.
In ihrer Musik, in welcher sie primär immer wieder auf soziale sowie gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten, insbesondere gegenüber Frauen, zu sprechen kommt, hat sich Diana Avella nicht nur zu einer wichtigen weiblichen Stimme in der mehrheitlich machistischen Rap-Szene Kolumbiens entwickelt, sie ist gleichzeitig auch eine wichtige Schlüsselfigur und Inspirationsquelle im Prozess, Veränderungen innerhalb der kolumbianischen Rap-Szene herbeizuführen.
Mit ihrem 2010 erschienenen Debütalbum „Nací Mujer“ (2010, dtsch. „Geboren als Frau“), welches sie komplett selber produziert und finanziert hat, öffneten sich Diana Avella nicht nur innerhalb Kolumbiens zahlreiche Türen, sondern auch international; so tourte und performte sie daraufhin u.a. in Städten in Mexiko, Venezuela, Ecuador, Panama, aber auch in Südafrika, im Libanon sowie in Deutschland.
So war Diana Avella 2011 Teil des vom Goethe-Instituts geförderten Projekts „Translating HipHop“, bei dem Rapper*innen aus der ganzen Welt zusammenkamen, um gegenseitig ihre Stücke zu übersetzen und auf die Bühne zu bringen. Mit dabei waren u.a. auch die Rapperinnen Malikah aus Beirut, Pyranja aus Berlin und Nazizi aus Nairobi, welche sich im Zuge der „Translating HipHop“-Workshops zur Rap-Formation Lyrical Roses zusammenfanden.
Dabei ist die Welt des HipHop und der Rap-Musik für Diana Avella weitaus mehr als nur Mittel zum Selbstausdruck: aufgewachsen in den Barrios ihrer Heimatstadt Bogotá und nahezu tagtäglich mit den gesellschaftlichen und ökonomischen Missständen ihres Landes konfrontiert, entwickelt sich Rap schnell zu einer Art Rückzugs- und Zufluchtsort für Diana im Teenageralter, mit welchem sie sich nicht nur ausdrücken, sondern zugleich auch ihren Horizont erweitern kann. Geprägt durch diese persönliche Verbindung zur Rap-/HipHop-Kultur arbeitet und engagiert sich Diana Avella bis heute in zahlreichen Projekten, um Jugendlichen ähnliche Perspektiven sowie Möglichkeiten aufzuzeigen: beispielsweise initiierte sie das Netzwerk „Colectivo de mujeres Hip-Hop“, welches (junge) Frauen und Mädchen entdeckt sowie schließlich darin fördert, sich mit ihrer (Rap-)Musik auszudrücken.
Seit 2011 ist Diana Avella zudem kolumbianische Vertreterin im UN-Frauen-Netzwerk lateinamerikanischer und aus der Karibik stammender Künstler*innen „UNETE“, welches sich gegen Gewalt gegen Frauen einsetzt. Im Jahr 2013 wurde sie von der spanischen Agentur für internationale Entwicklungszusammenarbeit (AECID) als eine von insgesamt 53 kolumbianischen Persönlichkeiten, welche die Welt nachhaltig verändern, ausgezeichnet. 2014 wurde sie daraufhin als eine von drei Hauptprotagonistinnen bei ihrer politischen (Bildungs-)Arbeit für den deutschen Dokumentarfilm „Tres Mujeres Guerreras“ (2014, dtsch. „Drei Kriegerinnen“) begleitet. Ein filmisches Porträt über drei Kolumbianerinnen, welche sich – auf ihre ganz eigenen, provokanten sowie zum Teil auch nicht ganz ungefährlichen Arten und Weisen – für Frieden sowie vor allem gegen Machismo, gegen Gewalt und gegen soziale Ungerechtigkeit in ihrem Land engagieren. Im Jahr 2015 folgte schließlich die Auszeichnung mit dem Underground Award als beste HipHop-Künstlerin für Diana Avella.
Im vergangenen Jahr kuratierte sie zudem das wichtigste HipHop-Festival in Bogotá „Hip Hop al Parque“, welches sich bewusst gegen Gewalt ausspricht („Hip hop contra la violencia“) und welchem Diana Avella mit dem Booking von Größen wie Flor de Rap (Chile) oder Sa-Roc (USA) einen deutlich „weiblicheren“ Stempel im Line-Up verpasste. Gleichzeitig wirkte Diana 2019 mit ihrer Expertise als allererste Frau in der Jury des größten Rap-Battles Kolumbiens mit, dem „Red Bull Batalla de los Gallos“.
Mit ihrem Engagement und ihrer Leidenschaft, welche nicht nur in ihrer kraftvollen Musik Ausdruck findet, sondern vor allem auch in ihrer allumfassenden Arbeit für die Rap- und HipHop-Szene Kolumbiens, stellt Diana Avella wahrlich eine unersetzliche Pionierin und Leitfigur in ihrem Land dar.
Von unserer Seite den größten Respekt und viel Liebe für diese Hingabe!
„Pero mujer naci,
en un mundo pa’ machos,
de güevas, de pantalones,
de golpes, de maltrato,
de infidelidades, de irresponsabilidades,
de guerras, de multinacionales,
[…]
mujer naci,
según el mundo para asearlo,
para saber cocinar y los hijos criarlos
[…]
pero mujer naci, aprendí a resistir,
El rap es mi argumento,
tengo algo por decir…“
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„Als Frau wurde ich geboren,
in eine Welt voller Machos,
Mit dicken Eiern und Hosen an,
voller Schläge und Misshandlungen,
Untreue und Verantwortungslosigkeit,
Kriege und multinationaler Unternehmen
[…]
Als Frau wurde ich geboren,
um, gemäß der Welt, sie zu reinigen.
Um zu wissen, wie man kocht und wie man die Kinder erzieht
[…]
Als Frau wurde ich geboren,
doch ich lernte zu widerstehen,
Rap ist mein Argument
und ich habe etwas zu sagen…“