Am 01.08.2017 veröffentlichte die JUICE ein Video. Inhalt: eine junge Frau, die in einem Krankenbett ihre komplette Gefühlswelt offenbart. Angst, Schmerz und Hoffnungslosigkeit – welcome to Toni Strange.
Dieser Song ist mit „Gefühle“ treffend, aber nicht einzigartig betitelt. Jeder Song der auf Soundcloud zu findenden EP heißt „Gefühle“ und genau die zeigt uns Toni Strange hier. In der Serie „Thirteen Reasons Why“ fällt der Satz „Alles, was du schreibst, sollte wie ein Einblick in deine Sachen sein. Es sollte furchterregend sein […].“ Diese zugegeben etwas kitschige Ansicht kann als Leitmotiv für das Werk der Berlinerin gesehen werden. Und so öffnet sich Toni Strange, erzählt von Isolation, Hilflosigkeit, Akzeptanzverweigerung („Ich bin diese Lieder nicht“), Suizidgedanken und weiteren dunklen Seiten ihres Innersten. Dabei wählt sie in den richtigen Momenten direkte Worte, in anderen lässt sie das Offensichtliche weg. In jedem Fall tut sie das, was Kunst soll – sie lässt mich fühlen, was sie fühlt. Kloß im Hals inklusive. Gern wird die Phrase der „entwaffnenden Ehrlichkeit“ etwas zu leichtfertig gezückt – hier darf sie voller Überzeugung verwendet werden.
„Du bist in mir und ich kann dich nicht fühlen. Bin wie versteinert und kann nicht agieren und fange an zu dissoziieren.“ (Gefühle II)
Gleiches gilt für die emotional etwas breiter aufgestellte EP „Lust & Liebe“ aus 2019. Wir hören hier nicht nur Lieder über unerfüllte Wünsche und Beziehungsenden, sondern auch über flaky Fuckboys, ehrlich geäußerte Bedürfnisse und Beziehungsanfänge. Dieser thematische Zuwachs lässt den Eindruck entstehen, an der emotionalen Heilung von Toni Strange teilhaben zu können. Und das ist wunderschön. Dieser Eindruck bestätigt sich nach Lektüre ihres Gesprächs mit Laurens Dillmann im Rahmen der Interviewreihe „Kunst & Kopfkrieg“, das hier warm empfohlen werden darf.
Die Instrumentals und Visualisierungen sorgen für weitere Nuancen im Gesamtbild aus HipHop und alternativem Pop. Beides wird bewusst Lo-Fi gehalten und gerade in den Videos tänzelt Toni auf dem schmalen Grat zwischen Offenbarung und Inszenierung, den Künstler*innen immer im Visier haben müssen.
Unter dem oben genannten Video lässt sich tatsächlich ein schöner Kommentar finden.
„Man kann nur hoffen, dass sich Toni von dem Affenverein Deutschrap und seinen Fans nicht davon abbringen lässt, weiter Musik zu machen.“
Amen, Bruder.