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Nappy Nina

Nappy Nina

Was haben Bay Area-Rap und der klassische New York-BoomBap gemeinsam? Auf den ersten Blick fällt da nicht viel ein, zwischen den Offbeat-Flows über tanzbaren Bässen aus dem Westen und dem düsteren und knallharten Sound aus dem Big Apple. Knapp zwei Jahrzehnte nach der goldenen Zeit von Künstlern wie Too $hort und E-40 auf der einen und Biggie, Nas und Jigga auf der anderen Seite, schickt sich nun eine Künstlerin mit dem wohl besten Namen, den die gesamte Musik-Industrie zu bieten hat, an, die beiden Welten miteinander zu vereinen. Dabei heraus kommt ein völlig neuer Sound, der doch irgendwie vertraut klingt und damit in Brooklyn eine der interessantesten Bewegungen der aktuellen Rap-Welt mitbegründet. Die Rede ist von Nappy Nina, die vor gut zehn Jahren den Weg von Oakland nach Brooklyn gemacht hat und aktuell im Umfeld von Künstler:innen wie Medhane, MIKE, Stas THEE Boss und Earl Sweatshirt für Furore bei BoomBap-Liebhaber:innen in aller Welt sorgt. 

Der Sound dieser noch relativ informierten Bewegung zeichnet sich vor allem durch seine charakterliche Rohheit mit jeder Menge Ecken und Kanten, sowie eine starke Anziehung zu weirden Jazz-Samples aus. Viele Songs klingen im besten Sinne wie unfertige Skizzen und dauern manchmal nicht mal eine Minute. Es rumort, rumpelt, knarzt und quietscht an allen Ecken und Enden. Man könnte sagen, Brooklyn fungiert aktuell als das kleine gallische Dorf der Rap-Welt, das sich einfach nicht einnehmen lassen will von den Millionen, die in der glattgebügelten, von Streaming-Diensten und TikTok regierten Branche am laufenden Band gescheffelt werden. 

Nappy Nina ordnet sich in diesem Konglomerat vor allem als Message-starke Künstlerin ein, die kein Blatt vor den Mund nimmt, über ihre Lebensrealität als schwarze, queere Frau in den Vereinigten Staaten spricht und sich auch traut ab und zu das übliche Sound-Gefilde des Brooklyn-Movement zu verlassen. So geschehen beispielsweise auf ihrem 2019er Album „Dumb Doubt“. Die Platte klingt ungewöhnlich glatt für Ninas Verhältnisse. Sämtliche Beats sind zwar immer noch stark von Jazz beeinflusst, jedoch sind alle Melodien von Hand eingespielt und keine Samples. Die ernsteren Texte über beispielsweise die schwierige Balance zwischen Tourleben und Liebesbeziehung werden zudem von einem gemäßigten Flow begleitet, der nicht mehr viel mit dem klassischen Oakland-Offbeat gemein hat. Dennoch steht ihr der Sound auf „Dumb Doubt“ genauso gut, wie die verschwobenen Sample-Beats auf dem nicht mal sechs Monate nach „Dumb Doubt“ veröffentlichten Mixtape „30 Bags“. Zusammenfassung: Es ist für jede:n Underground-Konnisseur:in von Experimentierfreund:in bis Traditionalist:in was dabei in Ninas Diskographie. 

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