Es mag Menschen geben, die rappen, aber absolut keinen Fick auf die HipHop-Kultur geben. Zu dieser Sorte Mensch gehört La Prinz aus Lima in Peru definitiv nicht. Die Kultur nährt sie, gibt ihrem Leben Bedeutung. La Prinz ist durch und durch Teil der HipHop-Kultur, und die sieht sie auch in Peru als Teil eines weltweit verbindenden Lebensstils.
„Rap ist eine Gattung ohne Etiketten. Es gibt keinen weiblichen Rap, keinen männlichen Rap. Wir sind eine Gesamtheit, die HipHop macht. Wo immer er auch herkommt, welche Sprache es auch sei, welches Gefühl er auch auslöst. Es gibt ihn überall – und es ist immer Rap.“ Dieser umfassende Ansatz findet sich nicht nur in ihrer musikalischen Vorliebe – sie höre eigentlich jede Art von Rap – sondern auch in der Vielseitigkeit ihrer eigenen Musik. Sie hat keine Angst vor Autotune und Trap, aber auch BoomBap und die in Peru obligatorischen Reggaeton-Einflüsse beherrscht die 32-Jährige.
Lisa M, Rude Girl (La Atrevida), Ivy Queen, Aaliyah und natürlich Left Eye sind Frauen, die ihr musikalisches Schaffen beeinflussten. Das beginnt früh. Bereits mit 14 tut La Prinz sich mit einigen Freunden aus ihrem Viertel Tahuantinsuyo in Lima zusammen und fängt an zu rappen. Bis heute ist sie Teil einer Crew: Las Damas, der Name deutet es an, bestehen nur aus Frauen. Aber La Prinz arbeitet ebenso gern allein an ihren Songs, weil sie da sagen und machen kann, was sie will, ohne dass jemand reinredet. MTV nominierte sie sogar einmal als beste Rapperin Südamerikas. „Das sind tolle Erinnerungen! Aber ich hoffe immer, dass meine Musik für sich selbst spricht.“
In ihren Songs kann sie einfach sie selbst sein und Rap – daran glaubt La Prinz fest – habe die Macht, den eigenen Geist zu nähren. Deshalb begrüßt sie es auch, dass es mittlerweile immer mehr Frauen im Rap gibt. „Es ist wichtig, dass man die Kultur nicht als maskulin einordnet“, meint sie. Als Feministin strebe sie selbstverständlich nach Gleichbehandlung und -berechtigung. In einem Land wie Peru, das noch immer stark vom Machismo geprägt ist, ist diese Aussage nicht selbstverständlich.
Klar gibt es zwar eine männliche Dominanz im Rap, aber von Männern lasse La Prinz sich nicht einschüchtern. „Nur von Gott“, setzt die Peruanerin hinzu. La Prinz ist eben eine Kämpferin. „Weder Mann noch Frau können mich aufhalten – und genau diesen Gedanken möchte ich täglich weitergeben.“ Überhaupt geht es in ihren Tracks viel ums Starksein und ihren eigenen Weg. Claudia Morales Prinz, so ihr bürgerlicher Name, sagt zwar von sich selbst, dass sie es nicht unbedingt schwer habe, immerhin könne sie das tun, was sie liebt: rappen.
Ihr Lebensweg aber zeigt, dass sie sich durchgekämpft hat: Als Kind gehörloser Eltern aus armen Verhältnissen verlässt sie ihr Zuhause, als sie mit 17 schwanger wird. Das Kind kommt mit einer Störung aus dem Autismus-Spektrum und körperlichen Behinderungen zur Welt, La Prinz zieht es alleine auf. All das hat ihr das Leben nicht leichter gemacht. Diese schwere Zeit hat La Prinz aber mittlerweile hinter sich gelassen. Heute arbeitet sie in einem Call Center, lebt ihr Leben und hat zwei weitere Kinder. Für diese beweist sie jeden Tag aufs Neue ihre Stärke, und wann immer sie kann, widmet sie sich dem Rap.
Der bedeutet für sie Linderung und Erholung vom Alltag. In ihren Texten verarbeitet und interpretiert sie ihre Gefühle und Erfahrungen. Zuletzt etwa den Machtmissbrauch und die zahlreichen, teilweise tödlichen Übergriffe seitens der Polizei – in Peru, aber auch im Zusammenhang mit dem Mord an George Floyd. „Fuck the Police! Ich hasse den Missbrauch seitens der Polizei. Sie nehmen von denen, die sie schützen müssten. Sie haben unter Eid geschworen, auf unserer Seite zu sein – stattdessen schießen sie auf uns!“
Dafür habe La Prinz keinerlei Respekt. Zwar war sie nie besonders politisch, denn sie sieht sich in erster Linie als Künstlerin. Aber sie hat die Möglichkeit, die Jugend zu motivieren, sich zu informieren, „bevor sie eine korrupte Regierung wählen, die das Land gerade fickt“.
Sembrando el terror ¿quien es vencedor ante las injusticias de un estado genocida?
Frei übersetzt: „Sie säen Terror. Wer gewinnt im Angesicht der Ungerechtigkeiten eines Völkermordstaates?“