Was machen zwei Freundinnen, die sich im Jazzstudium kennenlernen und Einflüsse aus diversen Genres wie Punk, Gothic und Rave oder Neosoul mitbringen? Ein krasses Rap-Duo gründen natürlich. Tina Turnup und Babylit bilden zusammen die Gruppe Palas, wobei Turnup und Lit schon gut beschreiben, welche Attitüde beide Frauen gemeinsam an den Tag legen.
Was heute empowernde weibliche Stärke gemischt mit Straßenflair auf brachialen Beats ist, fing in zwei Welten an, die kaum unterschiedlicher hätten sein können. Babylit wächst in ländlicher Gegend auf, entwickelt in ihrer rebellischen Teenagerzeit Neigungen zu Subkulturen wie der Punk- und Gothic-Szene und probiert sich schon jung als Sängerin in genannten und weiteren Genres. Der Traum, eines Tages von Musik leben zu können, bestand schon früh, doch Rap war damals noch keine Option. Tina Turnup wurde neben R&B, Techno-Raves und Soul schon jung zusätzlich von HipHop begleitet. Kein Wunder also, dass sie Babylit mit ihrer Leidenschaft für deutschen Rap anstecken und selbst zum Rappen bringen konnte.
Als die beiden Frauen sich im Studium in Freiburg kennenlernten, bemerkten sie schnell, dass ihre Vorstellungen von Musik und Ästhetik harmonierten. Gemeinsam bringen sie ihre Stärken auf Trap- und Cloudrap-Beats zusammen und versuchen, ihre Visionen umzusetzen. Im Interview mit 365 Female MCs erzählt Babylit über sich und ihre Partnerin, dass besonders ihre Erfahrungen im Gesang ihnen heute helfen würden, entsprechende Vibes zu erschaffen und inhaltliche Passagen mit gezieltem Stimmeinsatz perfekt zu untermalen. Und obwohl Babylit von Künstlerinnen wie Princess Nokia, Haiyti, Eunique oder Layla begeistert ist, verfolgen Palas doch ihre ganz eigenen Ziele. So sagt Tina Turnup, ihr Ziel sei es in erster Linie aus ihr selbst zu schöpfen und sich frei in der Musik entfalten zu können. Dass es gewissermaßen alles schon einmal gab, sei ihr bewusst – dennoch ist das Duo fest entschlossen, etwas Neues zu erschaffen. Eines ihrer Vorhaben: Regeln brechen, ganz nach dem Motto: „Spaß macht es erst, wenn man die Standards ignoriert!“
Was Palas neben Regeln gerne noch ignorieren, sind zudem die Hater, auf die auch sie als Frauen in der männlich dominierten Szene jetzt schon regelmäßig stoßen. Doch Babylit beschreibt, wie die beiden damit umzugehen wissen: „Mittlerweile prallen dumme sexistische Kommentare gut an [uns] ab, weil ich weiß, dass [wir] nicht das Problem [sind] (…). Die Energie, die bei mir landet, wenn ich sexistischen oder anderen Schwachsinn lese, erzeugt trotzdem Wut, manchmal auch Traurigkeit, dass es in der Welt immer noch so viele Menschen gibt, die so denken. Auf jeden Fall stoßen wir im Rap immer wieder auf respektlose und sexistische bzw. diskriminierende Aussagen von Männern, die sich im Rapgame bewegen.“ Doch Palas wissen auch aus dieser Situation stets Empowerment und Positives für sich selbst zu schaffen. Babylit erzählt, dass diese Wut wiederum für sie im Rap gut zu kanalisieren sei. Dass Männer sich an ihrer Musik stören, gebe ihr ja auch irgendwo Recht. Oder um es in ihren Worten zu sagen: „Von Zeit zu Zeit ist ein bisschen Rache halt auch süß!“
Bis vor kurzem ließ sich bei einer Internetrecherche über Palas nur ein Feature-Part des Duos finden, doch im Untergrund schlummert mehr. Derzeit arbeiten die beiden an ihrer ersten EP. 365 Female MCs durfte bereits reinhören und kann versprechen: Die beiden wissen, was sie tun. Auf den Songs vermischen sie verschiedenste Emotionen und zeigen ihre Facetten, machen aber ihren Standpunkt in der Szene klar. Regelmäßiges Namedropping und gesunde Selbstbehauptung zeigen, dass Palas sich selbst im Klaren darüber sind, wo ihre Stärken liegen. Besonders die Stimmeinsätze, die von sanft und beruhigend bis hin zu aggressiv und aufmüpfig klingen – teilweise ein wenig an Haiyti erinnernd – verleihen dem Duo seine Besonderheit.
Auch wenn es bis zur EP noch ein wenig Arbeit ist, können nicht nur die beiden selbst, sondern auch wir Zuhörer:innen gespannt sein. Wo sich so viel Wunsch nach Empowerment, Selbstbestimmung und Power verbirgt, kann nur ein starkes Debüt erscheinen! Wer nicht mehr abwarten kann, kann sich jedoch bereits jetzt auf YouTube das Intro des Tapes ansehen und seit kurzem auch die erste Single mit Musikvideo, das eindeutig Hunger auf mehr macht!