Um auf Musik von Bbybando zu stoßen, muss man derzeit wirklich noch ein bisschen tiefer graben. Hauptsächlich veröffentlicht sie ihre Songs auf Soundcloud, in einer ganz eigenen Blase, abgeschirmt von den großen Streaminganbietern und klickgenerierenden Playlists, die zum Weg in den Mainstream verhelfen. Allzu oft fliegen talentierte Künstler:innen genau deshalb unter dem Radar. Zeit, das zumindest im Falle von Bbybando zu ändern.
Bella, wie Bbybando außerhalb ihrer Musik heißt, wurde in Kasachstan geboren, wuchs in Gießen auf und ist derzeit in Leipzig und Berlin zu verorten. Bittet man sie im Interview darum, sich vorzustellen, lautet einer ihrer ersten Fakten über sich selbst, dass sie viel Liebe für Rap und überhaupt für die Künste in sich habe. Diese Liebe zu Musik und vor allen Dingen zur HipHop-Kultur wurden ihr förmlich in die Wiege gelegt: Über ihre sehr junge Familie, besonders ihren Onkel, entdeckte sie Rap für sich. Abseits davon beeinflusst sie rund um die Uhr verschiedenste Musik – von Techno, Rock und Indie bis zu kasachischer Musik findet sie fast überall eine musikalische Heimat. Bella wirkt wie ein wahrer Freigeist, spricht man mit ihr über Künste im Allgemeinen, fernab von einem spezifischen Musikgenre. Vielleicht deshalb, weil ihre Mutter viel malte, vielleicht aber auch, weil Bella selbst seit langer Zeit viele plastische Arbeiten anfertigt, zeichnet und generell mit ihren Händen arbeitet. „Ich spüre schon immer so eine kreative Energie in mir, die ich einfach umsetzen will“, beschreibt sie selbst.
Diese kreative Energie in Musik umzuwandeln und zu präsentieren, fiel ihr lange Zeit schwer. Im Gespräch erzählt sie von den Zweifeln, die sie damals hatte: „Ich dachte mir einfach, ich hab‘ ja keine ausgebildete Stimme oder so etwas. Ich konnte mich selbst einfach nie als Vocalist sehen.“ Dass sich das änderte, hat sie einem engen Freund zu verdanken, der sie ermutigte und auf erste Texte, die Bella ihm zeigte, positiv und bestärkend reagierte. „Ab da hatte ich so einen richtigen Schwall an Confidence. Ich dachte mir dann nur noch: Fuck it! Ich schreib‘ jetzt auf diesen Beat, weil ich weiß, dass ich das kann, und weil ich darauf etwas zu sagen habe.“
Den ersten Track, der es 2020 an die Öffentlichkeit schaffte, produzierte Bbybando gemeinsam mit drei Freunden. Auch wenn sie den Song heute nicht mehr so machen würde, steht sie stolz hinter ihm. Ihren Progress betrachten und sich weiterentwickeln, statt Zeit darauf zu verschwenden, Dinge zu bereuen, die man sowieso nicht umkehren kann, ist ihr wichtig. Diese Besonnenheit und gleichzeitige Selbstsicherheit tun sich in ihrer Geschichte immer wieder auf, so auch bei der Findung ihres Bühnennamens: „Ich wollte mich so nennen wie die Girls, die ich selbst auch feiere. So einen richtigen Ranger-Namen. Irgendwann kam ich auf Baby from the Bando – und Bbybando klang dann einfach gut. Ich bin halt ein süßes Babygirl und komm‘ nicht aus den krassesten Verhältnissen, deutsche Bando halt. Das passt zu mir.“ (Anmerkung: Bando wird unter anderem als Slang für sogenannte Traphouses verwendet, verlassene Gebäude, die zum Drogenhandel genutzt werden.)
Mittlerweile hat Bbybando nicht nur ihre gesteigerte Confidence gefunden, sondern auch einen ganz eigenen Sound. Mithilfe verschiedener Produzenten, die allesamt aus ihrem Freundeskreis stammen, sowie ihren eigenen Beats kreiert sie jedes Mal aufs Neue ihre mystischen, leicht verspielten und träumerischen Trap-Vibes – oder, um es in ihren Worten zu sagen: „hypnotisierende Stimmen mit richtig sexy Beats“. Obwohl sie mittlerweile auch viel singt, bleibt Rap der rote Faden in ihrer Musik. Doch sie erzählt auch davon, dass sie selbst noch Potenzial sieht: „Ich bin noch nicht da, wo ich sein will, mit dem, wie ich mich ausdrücke und wie ich schreibe. Ich bin bei den Texten noch ein bisschen in meinen baby shoes, aber das ist okay. Ich arbeite ja ständig an meiner Musik. Aber ich schaffe es trotzdem ganz gut, die Themen, die mich beschäftigen, zu vermitteln. Teilweise bewusst vereinfacht und überzogen, mit minimalistischen Aussagen, um damit möglichst viele Ansätze und Raum für Interpretation zu geben. Egal, wie gut ich jetzt schreibe oder nicht, ich will, dass man sich selbst darunter was vorstellen kann, wenn man einen ähnlichen Lifestyle lebt und sich dann einfach in der Musik wohlfühlt.“
Aus einer unerfahren und jungen Künstlerin, die den Drang verspürt, sich kreativ auszuleben, ist mittlerweile eine selbstbewusste, empowernde Frau geworden, die um ihr eigenes Talent und ihre Berufung weiß. Final präsentieren wird sie das auf ihrem ersten gebündelten Release. Das „Dakini Tape“ soll nach aktuellem Stand eine Handvoll Tracks umfassen, erstmals auch mit Musikvideos, und auf den großen Streamingplattformen zu finden sein. Der große Durchbruch ist dabei aber nicht das Ziel, für das sie arbeitet:
Ich will, dass meine Musik anderen die Freude gibt, die ich und meine Freunde daran haben. Heutzutage von Musik zu leben, ist ja sowie schwierig. Alles, was ich will, ist, mich als Künstlerin freibestimmt bewegen können. Musik ist in erster Linie wie Therapie. Ich kann gar nicht damit aufhören – egal, ob sie null oder hundert Klicks bekommt.“