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Sorah

Sorah

„Als ich jung war, durfte ich nicht viel Musik hören. Mein Vater hat versucht mich vor den Inhalten popkultureller Musik zu schützen. Ich mache ihm deshalb keinen Vorwurf, obwohl es natürlich ein wenig zu übertrieben war“, erinnert sich Sorah, die in Stockport zu Welt kam. Obwohl Stockport vermutlich kein Ort ist, von dem viele Menschen bereits gehört haben, zählt die Stadt zu den größeren des Vereinten Königreichs. Doch geprägt hat Sorah die Metropole nordwestlich von London und etwa zehn Kilometer südöstlich von Manchester eher wenig. „Wir lebten in Stockport bis ich ungefähr neun Jahre alt war. Dann zogen wir nach Südwestfrankreich“, erklärt Sorah. Die heutige Wahl-Berlinerin zog in ihrem Leben viel um und wusste deshalb nie genau, wo ihr „Zuhause“ ist.

Mit einer englischen Mutter und einem algerischen Vater definiert sich die Künstlerin aufgrund ihrer islamischen Erziehung als muslimische Frau. Vielleicht ist Sorahs multikulturelle Sozialisation ein Grund für ihre reflektierten und sozialkritischen Texte. „Ich schreibe viel über Themen, die das kapitalistische System verursacht. Das geht von Rassismus bis Sexismus, Ausbeutung, Kolonialismus, Depression, Missbrauch, Gewalt – institutionelle Gewalt – bis hin zu allen Formen der Angst.“ Dabei geht es ihr aber weniger um den erhobenen Zeigefinger als viel mehr darum, den Menschen Hoffnung zu schenken. Ihre Musik soll Kraft geben, um sich von Ausbeutung und Unterdrückung zu befreien.

Obwohl ihr Vater kein Fan zeitgenössischer Musik war, hat Sorahs Mutter heimlich viel Musik mit ihren Kindern gehört. Vielleicht hat Sorah das Rebellische von ihr – ebenso wie die Liebe zum singen und tanzen. „Meine Mutter spielte uns gerne Musik von Michael Jackson, ABBA und Queen vor.“

Als Sorah zwölf Jahre alt wurde, trennten sich ihre Eltern. Das Glück an diesem Unglück war, dass Musik jetzt nicht mehr verboten war. Schon bald bekam sie ihren ersten MP3-Player. „Plötzlich konnte ich meine eigene Musik herunterladen und einfach das hören, was mir persönlich gefiel. Ich entdeckte HipHop und fühlte mich plötzlich verstanden. Diese Texte konnte ich fühlen und habe sie mit gerappt.“

Neben französischem Rap von Keny Arkana, IAM, Sexion d’Assaut und Kery James, mochte sie auch amerikanischen Rap. „Ich habe auch Eminem gehört. Trotz seiner sexistischen Texte konnte ich das Gefühl von Wut, dass in vielen seiner Songs rüberkam, nachempfinden.“ Lauryn Hill und die Fugees inspirierten sie dazu, selbst eine Mischung aus Rap und Gesang zu probieren.

Vor knapp vier Jahren zog Sorah zum Studieren nach Berlin. Ihre WG wurde schnell zu ihrer „kleinen musikalisch-linken Gemeinschaft“. „Die anderen hatten ihre Instrumente wie den Bass, die Gitarre, das Schlagzeug oder das Saxophon. Ich
hatte meine Stimme. Ich selbst habe kein Instrument gelernt, aber mich schnell dazu entschieden, meinen Gesang bei Sessions wie im Greenhouse, Badehaus oder einfach in Übungsräumen mit Freunden zu trainieren.“ Rapper:innen, die sie dabei kennenlernte, ergänzten sie gut. Rap und Gesang waren schnell eine Kombi, die auch beim Publikum gut ankamen.

Als Teil dieser Community lernte sie ihren „Seelenverwandten“ Intare kennengelernt. Mit ihm hatte sie ihre ersten Live-Auftritte. Er ermutigte sie schließlich auch, mit dem Rappen anzufangen. Nach nur einem halben Jahr Rap-Practice nahmen die beiden ihr erstes Album in Eigenproduktion auf. Ein Freund steuerte ein Cover bei und ein weiterer Freund lieferte den Videoclip für YouTube. „Wir waren sehr stolz auf unser
Meisterwerk. Ich hatte einfach das Gefühl, einen unglaublichen Weg gefunden zu haben, mich der Welt auszudrücken und all meine Emotionen rauszulassen.“

Sorahs Sound ist vielfältig und hat von Oldschool HipHop Vibes mit souligen Refrains,
zu Grime-Anleihen und “inyourface“-Rap viel zu bieten. Konstant bleibt hauptsächlich die politisch-sozialkritische Botschaft. „Ich schreibe in Englisch und Französisch. Intare
liefert Deutsch-Parts und macht unsere Musik so auch einem deutschsprachigen Publikum zugänglich. Einige unserer Lieder sind dunkler oder trauriger, manche sind voller Hoffnung und Mut.“

Noch in diesem Sommer wird Sorah gemeinsam mit Rapper:in Alice Dee eine EP veröffentlichen. „Wir haben zusammen einen Feature-Song gemacht. Der Song heißt “Double Check““. Ein weiteres Feature steht zudem in den Startlöchern. Mit Mal Eleve hat sie das Lied “Alliance antiraciste“ aufgenommen, auf dem noch viele andere großartige Rapper:innen zu hören sein werden.

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Auch sonst ist Sorah fleißig und arbeitet aktuell mit Spoke, eine:r queeren Produzent:in. Spoke wird bald ein tolles Collabo-Mixtape herausbringen. „Wir haben zwei Songs zusammen gemacht. Beide werden auf dem Mixtape sein und die erste Single des Mixtapes ist ein feministischer Song namens “Fighters“, der voraussichtlich Ende September erscheinen wird.“

Natürlich arbeitet sie auch mit Intare an neuen Releases. Mit ihm will Sorah noch bis Ende des Jahres drei Singles veröffentlichen. „Intare und ich sind vor einigen Monaten in der Panke aufgetreten und haben den wunderbarsten Hip-Hop-DJ namens Dee Jay O kennengelernt. Wir fangen jetzt an, so viel wie möglich zusammen aufzutreten und ich bin so glücklich, ihn an Bord zu haben. Es macht mir viel mehr Spaß, als Crew aufzutreten. Ich genieße jedoch unsere Crew-Vibes sehr“, verrät die Künstlerin.

Abgesehen von all diesen Kollabos hat Sorah zudem mit der Arbeit an einer eigenen EP begonnen, die bereits Anfang 2022 erscheinen soll. „Es wird mein erstes Solo-Projekt und ich freue mich sehr, euch bald mehr darüber zu erzählen.“

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