Wenn Albina Sexova auf der Bühne steht, lässt sich folgendes beobachten: Erst werden die von einem tiefen Ausschnitt umrahmten und gepushten Brüste gerichtet, danach die Lesebrille ordentlich auf dem Nasenrücken platziert. In der einen Hand hält sie ihren Text direkt auf Höhe des Mikrofons, mit der anderen schlägt sie den Takt mit, bevor sie mit dem Vortragen ihres Textes loslegt. Die 63-jährige St. Petersburgerin schreibt ihre Tracks über Freundschaft, Dating, aber hauptsächlich Sexpositivity. In einer Fernsehsendung, welche die Diva durch ihren Alltag begleitet, küsst sie die CD eines Fans und datet zwischen den Sequenzen einen Mann nach dem anderen. Dabei ist sie sich nicht zu schade, hier und da auch mal ein paar Körbe zu verteilen, sobald sich für sie die ersten Red Flags zeigen.
Ihre ersten musikalischen Schritte macht Sexova jedoch nicht direkt als Trash-Rapperin. Im russischen Underground war sie bekannt als die erste und einzige Interpretin des Porno Chansons. Wie der Name des Genres bereits erahnen lässt, ging es damals schon um pikante Inhalte. Und so kommt es bei ihren Auftritten auch mal vor, dass eine Tänzerin auf der Bühne komplett blank zieht. Im ihrem Lied „Еду на аборт“ („Ich fahre zum Abort“) provoziert sie ganz unverblümt und unbeschämt, indem sie ironisch darüber berichtet, wie sie zum Schwangerschaftsabbruch fährt und sie nichts weiter kümmert, als dass ihr Konto nach diesem Eingriff leergefegt ist. Zuallererst hat Sexova neben ihren Gesangsperformances auch Gedichte auf ihren Konzerten verlesen. Ein Veranstalter, bei dem sie auf einem Poetryslam aufgetreten ist, hat in ihr ein Potential als MC gesehen. Er machte sie mit einem Toningenieur bekannt, welcher fortan unter Anleitung der Künstlerin für sie Beats produziert. Ob der Synth lauter gedreht oder an einigen Stellen auch mal ein höheres Tempo angelegt werden darf, entscheidet Albina Sexova nämlich immer noch selbst.
Es folgten Tracks wie „Саша пидораст“ („Sasha, der Homo“) und „Стёпа продавец секс-шопа“ („Stjopa, der Sexshopverkäufer“) aber auch „Хуй таджика“ („Der Schwanz eines Tadschiken“), ein Track, der neben Textzeilen über ihre eigene offene Sexualität leider auch von positivem und negativem Rassismus durchzogen ist. Albina Sexovas Musik wird unter anderem in der Petersburger schwulen Community gefeiert, wo sie auch mal als Teil einer Dragshow auftritt und dort die Rolle der Szenemama einnimmt. Nach mittlerweile zehn Jahren Bühnenerfahrung rückt das Showgirl Sexova Schritt für Schritt immer weiter in die Öffentlichkeit und zeigt damit, dass sie Bock hat auf mehr als nur die Partyszene und den Untergrund. Die Aufmerksamkeit um sie herum wächst und eröffnet ihr bestimmt die Chance, weitere Entwicklungsschritte zu machen. Sie selbst sagt schließlich, dass ständige Entwicklung das wichtigste für das künstlerische Schaffen ist.