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Ekuna

Ekuna

„Rustavi in this bitch“, eröffnet Ekuna ihren Track „Best Of The Best..ish“ und schickt die Aufforderung hinterher: „Listen what I’ve got!“ Dem kommen wir doch sehr gerne nach: Einen Lebensweg, der aus dem Kaukasus über Social Media, Fernsehshows und die Hörsäle einer Universität in die Vereinigten Staaten von Amerika führt, bekommt man tatsächlich nicht alle Tage geboten.

Gut möglich, dass Ekuna Kanchaveli das Faible für die USA bereits in die Wiege gelegt bekommt: Sie erblickt das Licht der Welt am US-amerikanischen Unabhängigkeitstag, am 4. Juli des Jahres 1994. Ihr musikalisches Talent bekommt Ekuna quasi mit der Atemluft geliefert: Ihre Geburtsstadt Rustawi, die viertgrößte Stadt Georgiens, 25 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Tiflis gelegen, hat eine starke musikalische Tradition. Der Rustawi-Chor, eine Institution für mehrstimmigen Gesang, gehört zu den bekanntesten Gesangsensembles der früheren Sowjetunion.

Ekunas eigener Aufstieg beginnt jedoch auf einer neuzeitlicheren Plattform: Als Startrampe ihrer Karriere dient ihr der YouTube-Kanal, den sie 2014 eröffnet. Auch auf Facebook und Instagram sammelt sie bald fleißig Follower:innen. Dabei begann alles mit witzigen Videos: „Ich habe einfach damit angefangen“, erzählt Ekuna im Interview. „Die Leute mochten es, so hat alles angefangen.“

In ihren Videos lebt Ekuna ihre Vorlieben aus. Sie steht auf Basketball, spielt lange Zeit selbst in einem Team. Auch ihre musikalischen Präferenzen lassen sich leicht erraten: „Schon in jungen Jahren war mir Rap an nächsten“, gesteht sie. „Auch der Kleidungsstil entsprach meinem Geschmack. Später stellte ich fest, dass ich offenbar ein Talent dafür habe, Reime zu schreiben. Also habe ich viel in diese Richtung gemacht.“ Ihr melodischer Rap-Stil lässt allerdings auch ihr Faible für R&B und Pop durchscheinen.

Diese stilistische Aufgeschlossenheit erleichtert den nächste Karriereschritt enorm: Ekuna genießt die wachsende Aufmerksamkeit, die ihr ihre Popularität beschert. Die noch zu steigern, indem sie ihre Aktivitäten aufs TV-Programm ausweitet, erscheint da nur logisch. Bei X-Factor und The Voice of Georgia tritt Ekuna an und schlägt sich wacker. Oft mit Rap, aber auch mit poppigen Songs hinterlässt sie Eindruck.

Wäre sie als Siegerin aus den Shows hervorgegangen, hätte sie möglicherweise die Musik zu ihrem Beruf machen können. So stellt sich Ekuna 2015 jedoch die Frage, vor der jeder junge Mensch irgendwann steht: Was tun mit meinem Leben? Ihr Traum, nach Amerika auszuwandern und dort als Musikerin Fuß zu fassen, lässt sich nicht ohne weiteres in die Tat umsetzen: Die erforderlichen Visa sind schwer zu kriegen.

Weil sie in der Zwischenzeit etwas tun muss, schreibt sich Ekuna an der Universität von Tiflis für ein Studium ein: Sie wählt georgische Philologie als ihr Hauptfach. „Für mich war das das Naheliegendste“, erklärt sie, eine Begabung für den Umgang mit Sprache hat sie ja längst bewiesen – auch wenn sie ihre Songtexte, sehr zum Unmut ihrer Großmutter, schon jetzt auf Englisch verfasst. Die Universität betrachtet Ekuna, die nebenher kleine Live-Shows in einer Bar organisiert, dennoch nur als Notlösung: „Ich sehe meine Zukunft in der Musik“, sagt sie. Eine Ausbildung in diesem Bereich, etwa am Konservatorium, zieht sie dennoch nicht in Betracht: „Ich möchte hinterher ohnehin in eine andere musikalische Richtung gehen, also würde mir ein solcher Abschluss gar nichts nützen.“ Statt in der klassischen Musik sieht sich Ekuna – wir ahnen es längst – im Pop, R&B und vor allem im HipHop.

Mit 20 Jahren geht für Ekuna ein Traum in Erfüllung: Endlich hat sie die notwendigen Papiere beisammen, um in die USA auszuwandern. Sie lässt ihre komplette Familie hinter sich und übersiedelt nach Philadelphia. Den Umstand, wenn sie von „Georgia“ erzählt, nun immer anfügen zu müssen: „das Land, nicht der Staat“, nimmt sie gerne in Kauf. Trotzdem fiel ihr der Neuanfang nicht leicht:

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Ich kam ohne Mutter, Vater oder sonst irgendwelche Verwandten, ich war ganz allein, hatte nur das bisschen Taschengeld, das ich in der Brieftasche hatte, und gar keinen Plan, wie alles funktioniert, wo ich leben, was ich arbeiten soll. Irgendwann schreibe ich vielleicht ein Buch über diese seltsame Zeit.“

Ekuna gegenüber Sputnik Georgia

Ekunas positive Lebenseinstellung zahlt sich jedoch aus: Sie fasst schnell Fuß und hält ihre wachsende Follower:innenschaft per Social Media über ihr Leben auf dem Laufenden. So reißt auch der Kontakt zur Fangemeinde in ihrer Heimat nie ganz ab. Noch drei Jahre nach ihrem Wegzug beäugen und kommentieren georgische Klatschportale äußerst genau, was Ekuna von ihrem Liebesleben und ihrem Körpergewicht preisgibt. Was andere stressen oder frustrieren würde, sieht Ekuna ganz gelassen: „Ich ärgere mich nie und ich schätze, das macht den Leuten Spaß“, vermutet sie. „Ich glaube, Kommentare, die mich nerven oder mich herabwürdigen, dringen einfach nicht zu mir durch.“ Ein wirklich beneidenswertes Talent.

Wobei … so viel zu bemängeln gibt es ja auch nicht. Ihren Akzent nimmt sie selbst aufs Korn – „I’m throwing back this old school, bitch, I grew up on it, yes, I’m spitting fire – and yes, I’m foreign“ – und die Eier, einen A-cappella-Part in einen Rap-Song einzubauen, muss eine auch erst einmal haben. Wer den dann noch mühelos stemmt, darf sich mit Fug und Recht King Ekuna nennen.

„Ich versuche immer, Stereotype zu durchbrechen“, fasst Ekuna ihre Philosophie zusammen. „Ich lasse alles Negative hinter mir und gehe meinen Weg weiter (…) Aufgeben ist niemals eine Option. Es lohnt sich, immer weiterzumachen.“

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