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Dana Dentata

Dana Dentata

Schon alleine ihr Künstlerinnenname lässt manch eine:n erschaudern: Dana Dentata! Klingt doch gar nicht furchteinflößend, denken jetzt sicherlich einige. Die Alt-Philolog:innen unter uns werden jedoch direkt hellhörig und erinnern sich sicherlich an den faszinierenden Mythos der „(Vagina) dentata“, der „bezahnten Vagina“.

Genau auf diesen schauerlichen Effekt setzt Dana Marie Wright mit ihrem Auf-die-Fresse-Alter Ego Dana Dentata. Sei es in ihren Songs, ihren Lyrics oder auch bei Interviews: Sobald sie in die Rolle der Dana Dentata schlüpft, mit dem in der Regel sehr auffälligen Make-up, der wilden Mullet-Frisur und einem Sound, der einen Scheißdreck auf Genregrenzen gibt und wohl am besten als eine Mischung aus Rap, Rock und Horrorcore durchgeht, wirkt die Künstlerin wie ausgewechselt und befreit:

When I would play shows […], I would become this person and say things I would never say, […] I would tell people to go fuck themselves all the time. I’m pulling a snake out of my pants, eating my tampon, doing all this crazy shit and I never remotely felt the least bit shy, stage fright, anything.“

Dana Dentata im Interview mit Kerang 

Trigger-Warnung – Erwähnung körperlicher, seelischer oder sexualisierter Gewalt

Auch wenn bei der kanadischen Künstlerin mit Wohnsitz in Los Angeles Provokation und Empowerment nah beieinander liegen, ist ihre Musik und Kunst nicht etwa als inszeniertes Image-Ding zu betiteln. Tatsächlich steckt dahinter die Geschichte einer jungen Frau, der bereits im Teenageralter sexuelle Gewalt widerfuhr, deren Selbstbewusstsein und Lebenswille infolge toxischer Beziehungen am seidenen Faden hingen und die sich aber letztlich mithilfe ihres brutal ehrlichen und kompromisslosen Alter Egos Dana Dentata und ihrer Musik aus dieser dunklen Lebensphase wieder in Richtung Licht kämpfen konnte.

I had been traumatized and was listening to endless male voices tell me that I couldn’t rap and that my vision didn’t make sense […] Eventually, all of those negative voices went away. I took some time to crawl out of the ashes and was finally able to create music one hundred percent for myself.“

Dana Dentata im Interview mit Highsnobiety

Die frühere Frontfrau der All-Girl-Metal-Punk-Band Dentata hat sich mittlerweile zwar eher von Rock- und Punk-Musik im traditionellen Sinne entfernt, aber letztlich gilt ja sowieso: Punk ist, was du daraus machst. Genau das tut diese Frau in allem, was sie künstlerisch angeht.

Mit ihrer acht Tracks starken Debüt-EP „DANAVI$ION“ sowie der Nachfolge-EP „Daddy Loves You“ (2019) baute sich Dana Dentata innerhalb kürzester Zeit eine starke Community auf. Ihre Fans, die sie liebevoll Dentitties nennt, verehren sie für ihre aggressive Bildsprache und den roughen Sound, der gleichzeitig jederzeit perfekt in einen Strip-Club passt und absolut tanzbar gerät. Das beste Beispiel hierfür liefert der Track „TND“ aus dem Jahr 2018 samt zugehörigem Video und mit der catchy Chorus-Line: „I’m never gonna trust no dick, bitch!“ Gewaltvolle Äußerungen oder Phantasien in ihren Videos und Lyrics haben für Dana Dentata weniger mit einer Glorifizierung zu tun, als viel eher mit Selbstbestimmung, als Frau endlich ein Ventil für die eigene Wut und den Schmerz gefunden zu haben.

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But listening to no one
And not giving a fuck
Has been a holy blessing
Cuz everybody sucks
I could think of eight dudes right now
Run over in the truck
But I’d rather do them one by one
Then let them lick and suck

Am I scaring you yet?
Do you think I’m insane?
How you think my ex felt“

Lyrics „D in the D

Mittlerweile haben auch Artists wie Kanye West oder Marilyn Manson – wohlbemerkt neben Eminem eines ihrer großen Vorbilder – der Musikerin Lob ausgesprochen. Nicht, dass sie es nötig hätte, aber so viel Empowerment, Stärke und Kreativität im Kampf um die musikalische Verarbeitung von Schmerz und Trauma sollten wertgeschätzt werden. Insofern überrascht es in diesem Zusammenhang nur wenig, dass Dana Dentata im Herbst 2020 einen Deal mit Roadrunner Records abgeschlossen hat – als erstes weibliches Signing des US-amerikanischen Label-Riesen im Bereich Rock/Metal.

Erst im September 2021 veröffentlichte Dana ihre Studioalbum „pantychrist“ als Ergebnis eines intensiven (Heilungs-)Prozesses, künstlerisch wie auch spirituell: raus aus der besagten Dunkelheit, hin zum Licht. Wenngleich bei der Singleauskopplung „Apology“ deutliche Pop-Einflüsse herauszuhören sind, bleibt Dana Dentata ihrem Stil und ihrer Ästhetik treu. Zarte und verletzliche Töne wie in „Free“ („The only time I let somebody in / They hurt me again“) gehen wunderbar einher mit einer Trap-inspirierten Nummer wie „Like a Preyer“ oder dem brachialen Titeltrack „pantychrist“ und dessen abgefahrenem Video. Das sollte man definitiv gesehen haben, es ist aber auch nichts für schwache Gemüter.

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