Wenn Leute sich entscheiden, eine Karriere im Musikbereich anzustreben, sind meist Ruhm, Geld oder eine Kombination aus beidem zumindest Teil der Motivation dazu. Bei Tonya Pointer aus Washington D.C. war es Ende der 1980er schlicht der innige Wunsch, Pop-Größe Janet Jackson persönlich kennenzulernen. Beeinflusst von deren Album „Rhythm Nation 1814“ sowie Musik aller erdenklichen anderen Genres (außer Heavy Metal), begann Tonya als Teenagerin zu singen und eigene Songs zu schreiben, um ihrem musikalisches Idol irgendwann als Kollegin zu begegnen. Spoiler Alert: Der Traum sollte nicht in Erfüllung gehen.
Über dieses anfängliche Ziel hin fand Tonya als Musikliebhaberin jedoch so viel Gefallen daran, selbst Musik zu machen, dass sie dabei blieb und in Folge nach und nach erste Schritte in der Musikszene machte, Kontakte zu anderen Artists knüpfte und sich irgendwann mit dem dreiköpfigen Produktions-Team B.L.A.K. Productions im Studio wiederfand. Als sie zum Spaß anfing zu rappen, rasteten die Produzenten Bam, Kapin und Lonnie ungläubig aus: „Yo, wait a minute, why haven’t you done this before? Why is this the first time we hearing you rap?!“ – „Well, because I like to sing.“ – „We gotta make some rap records and we gotta put the two together!“, erinnert sich Pointer an diesen wichtigen Moment ihrer Musikkarriere im Radiointerview mit Outlaw FM.
Gemeinsam mit B.L.A.K. Productions entstand in der Folge das Demo-Tape „The Flow“, das dem Team innerhalb kürzester Zeit einen Major-Label-Vertrag bei MCA Records einbrachte. „The Flow“ wurde als Demo abgehakt und Tonya und B.L.A.K. Productions arbeiteten an ihrer ersten, offiziellen Major-Veröffentlichung. 1996 releaste Tonya mit Mitte 20 als Nonchalant die von B.L.A.K. Productions produzierte Debüt-Single „5 O’clock“ featuring Drecia Vega & Bink Woods Dre des kommenden Albums.
Der sozialkritische Song mit der eingängigen Hook „5 O’clock in the morning. Where you gonna be? (Outside on the corner!) You better get yourself together while you’re wasting all your time right along with your mind“ entstand, während Tonya noch bei der Washingtoner Post arbeitete und auf ihrem allmorgendlichen Weg zur Arbeit bereits um ca. 5 Uhr früh regelmäßig die gleichen jungen, Schwarzen Dudes an der Straßenecke Drogen verkaufen sah. „5 O’clock“ wurde ein internationaler Chart-Hit und mit mehr als einer halben Million verkauften Einheiten im Mai 1996 mit Gold ausgezeichnet.
Nonchalant befand sich auf einmal in einer Sphäre mit Acts wie Salt-n-Pepa oder The Fugees, mit denen sie auch auf Tour ging. Als sie zeitgleich mit Michael Jackson eine Aufnahmesession im gleichen New Yorker Studio hatte, sah sie den Megastar sogar kurz mit eigenen Augen. Nicht ganz Janet Jackson, aber fast.
Das Nonchalant-Debüt-Album „Until the Day“, das im März 1996 folgte, blieb trotz positiver Reviews deutlich hinter dem Erfolg der Lead-Single zurück. Auf 13 melodisch-smoothen Tracks behandelt Nonchalant auf dem Longplayer eine Vielfalt von persönlichen und sozio-politischen Themen wie Rassismus, Polizeigewalt, Jugendkriminalität, Beziehungen, Sexpositivity oder einfach Battlerap. Kommerziell konnte diese Mischung aus R&B-Rap und conscious Lyrics leider nicht überzeugen, weshalb es mit MCA Records zu Uneinigkeiten über das geplante nächste Album kam.
Nach dem gemeinsamen Song „Keep on Pushin’“ mit MC Lyte, Yo-Yo und Bahamadia auf dem Movie-Soundtrack von „Dangerous Ground“ und der Teaser-Single „Take it there“ in 1998, die trotz The Roots-Feature und einem Remix von Scott Storch wenig Anklang fand, verschwand das bereits aufgenommene Nachfolgealbum „For All Non-Believers“ in der Schublade und Nonchalant trennte sich von MCA. Nach einem Beitrag zum Film-Soundtrack der Kifferkomödie „Half Baked“ tauchte Nonchalant, bis auf die Maxi-Single „What’s up Shawty“ in 2004, von der HipHop-Bildfläche ab.
Finanziell nicht durch Tantiemen abgesichert, kehrte sie der Musikwelt den Rücken und nahm einen Job als Metzgerin in einem Save-A-Lot-Supermarkt in Washington an. „A job is a job. Nobody wants to work a job. But I really, really love cutting meat. And it has a lot to do with who I cut meat with. I love my team. I work with some really incredible people. We have a ball every single day at work” erklärt Nonchalant 2014 gegenüber wamu.org. Ein Grund für den Spaß an ihrem Job dürfte auch sein, dass sie dort jeden Tag Musik bei der Arbeit spielen könne und regelmäßig eigene Mixe mitbringe.
Bereits 1997 hatte sich Nonchalant auf Anraten ihrer Bekannten DJ Tracy Young zwei Plattenspieler gekauft und sich als DJ versucht. Gefrustet von der langsamen Lernkurve hatte sie die Turntables jedoch schon nach zwei Wochen wieder in ihre Kartons eingepackt. Fast zehn Jahre später, 2008, baute sie ihr DJ-Equipment wieder auf und begann in ihrer Freizeit zu üben, diesmal länger als zwei Wochen. Nonchalant bekam dabei viel Zuspruch von anderen female DJs wie Spinderella, DJ Jazzy Joyce und eben jener Tracy Young und kehrte ab 2013 als DJ in die öffentliche Wahrnehmung zurück.
Seitdem legt sie unter ihrem alten Rapperinnen-Aka bei jeder Gelegenheit in Clubs, Sport-Shops, Autohäusern etc. auf. „ I respect DJing. DJing is an art. You know, it’s the same thing as performing, the same energy. You work really, really hard to get the crowd to be where you want them to go”, erzählt Nonchalant 2014 bei wamu.org. Gleichzeitig nutzt sie ihre Platform und ihre Kontakte für die Initiative #SpinLikeAGirl. „It’s really supporting and inspiring women, young girls to do whatever it is, for me it was Djing, so that is where the „spin“ came from. It is really about supporting young women and women of all ages to do whatever you wanna do, whenever you decide that is what you wanna do“ erklärt Nonchalant im Radio-Interview mit Outlaw FM.
2018 ging sie zusammen mit verschiedenen anderen Artists auf die Nonprophet-Tour durch verschiedene US-Städte, um Awareness und Spenden für Charitiy-Organisationen im Bereich Epilepsie zu generieren. Sie engagiert sich für das Thema in der Epilepsy Foundation, seitdem ihr Neffe mit 18 an einem Krampfanfall verstarb. Ebenso engagiert sich Nonchalant auf ihren Socials für das Black Lives Matter-Movement sowie die US-Politik und pusht Rapper aus ihrem lokalen Umfeld, insbesondere female MCs.
Im Sommer 2019 kündigte sie eine Dokumentation über Rapperinnen aus Washington D.C. an. Auf dem selbstproduzierten Song „RATRINANAON“ mit den beiden Washingtoner Rap-Kolleginnen RAtheMC und Kenilworth meldete Nonchalant sich 2019 musikalisch ebenfalls zurück und zeigte, dass sie sich auch mit knapp 50 Jahren weder am Mikro noch am Drumpad in Sachen Skillz vor der jüngeren Garde zu verstecken braucht.
Seit 2021 ist, neben dem Erstling „Until the day“, auch ihr verschollenes zweites Album „For All Non-Believers“, u. a. mit Features von KRS-One, Sheek Louch und Sauce Money, auf allen Streaming-Portalen zu hören. Mit ihrer DJ- und Producer-Freundin Tracy Young hat Nonchalant Ende 2021 den gemeinsamen Dance-Rap-Song „Distraction“ veröffentlicht. Wir dürfen gespannt sein, was die zu ihrer Zeit laut wamu.org wichtigste Rapperin aus D.C. als nächstes vorhat.
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