Ronja Kolls
Autorin
Es begann mit Kool Savas, und wenn ich ganz ehrlich bin mit LMS. Ich war 12 oder 13. Es war auf die Fresse, es war hart, es war anders. Und ich liebte es. Und so ging es weiter: Eminem, Wu Tang Clan, später dann Aggro und KIZ – sehr viel KIZ. Ich begann mich einzulesen, einzuhören; immer weiter zogen mich HipHop und Rap in ihren Bann und wurden zu einem bedeutenden Teil in meinem Leben. Dass ich selber rappen könnte? Obwohl ich mich erinnere, mit 15 selbst die ersten Texte geschrieben zu haben, fand der Gedanke schlicht in meinem Kopf nicht statt. Einmal traf ich auf einem Medien-Seminar Sleepwalker und fragte ihn, weshalb es so wenige weibliche MCs gibt. „Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht“, war seine entwaffnend ehrliche und wenig reflektierte Antwort, was darauf folgte so einfach „Mach es doch selbst!“. Ich war 18 und bis dahin tatsächlich nicht von selbst darauf gekommen. Ich fing an zu rappen. Und natürlich musste sich in meinen Texten der Rap widerspiegeln, den ich auch konsumierte. Bloß war ich eine Frau, ich wusste gar nicht so recht, wie sich das darstellen könnte. Mir fehlten Vorbilder, mir fehlten Inhalte. Ich war mit durch und durch maskulinem Straßenrap aufgewachsen und wollte doch keine Gangster-Rap-Lügen erzählen – ich studierte Germanistik, das meiste Gangster an mir, war der Rap, den ich hörte. Damals hatte Rap noch einen anderen Ruf – vor allem Deutschrap. Wenn ich einem meiner Kommiliton*innen von meiner musikalischen Leidenschaft erzählte, hatte ich mit Yo! Yo! Yo! und merkwürdigen Handbewegungen zu rechnen. Dabei verstehe ich bis heute nicht, was der Unterschiede zwischen Amewu und Goethe sein soll. Ich begann mich auch wissenschaftlich mit Rap auseinanderzusetzen. Und schließlich verwirklichte ich in meiner Masterarbeit eine Aussage, die ich ein paar Jahre vorher einmal daher gesagt hatte: Ich schrieb meine Masterarbeit über Formen und Funktionen von Intertextualität in deutschen Rap-Texten. Wozu hatte ich denn sonst 15 Jahre nebenbei Rap studiert. Ich bekam übrigens eine 1. Vielleicht auch, weil ich bei meiner Verteidigung die unbestreitbare Expertin auf einem Teilgebiet war. Während es für mich ebenso schwer wäre, eine Lieblings-Rap-Zeile eines männlichen MCs zu wählen, muss ich gestehen, dass es mir schwer fiel, eine female MC Zeile zu wählen. Und dann fiel mir dieser Song von Sookee ein, der Grund, warum ich bei 365 Female MCs mitmache. „ich hab Rap immer geliebt/ Immer gepumpt und gefeiert doch noch mehr gehasst / Was hätt ich ohne diese Rapper Rapists alles verpasst .../ Wann hat ein Mann je gezweifelt, ob es ihm zusteht zu rappen“ Die letzte Zeile verpasst mir noch immer Gänsehaut. Für mich ist das Rappen selbst zwar vorbei, aber Rap wird mich niemals loslassen. Ich freue mich extrem, dass es mittlerweile vielmehr Rapper*innen als Vorbilder gibt. Aber der Kampf ist noch nicht vorbei Ladies*! Keep going!