Die Geschichte von HipHop, erzählt ausschließlich aus weiblicher Perspektive. 2019 lieferte die US-amerikanische Autorin Kathy Iandoli mit ihrem Buch „God Save the Queens: The Essential History of Women in Hip-Hop“ erstmalig einen Rundumschlag und erzählt en detail, wie Frauen die Geschicke von HipHop gelenkt und geprägt haben. Nun lieferte die Hannoveraner DJ Miss Gizzle eine passende musikalische Untermalung – ein zweistündiges Mixtape, das quasi als Soundtrack für unseren Blog herhalten kann. Ihre „Herstory of Rap“ featured Songs von Rapperinnen aus der ganzen Welt, chronologisch selected von 1979 bis heute. Tanya Winley und Blondie sind ebenso dabei wie Queen Latifah und Foxy Brown. Und natürlich bekommt auch die neuste Generation mit Artists wie Kamaiyah, Die P und Little Simz ihr Spotlight. Wir konnten Miss Gizzle ein paar Fragen stellen und feiern heute gemeinsam mit ihr den Geburtstag von HipHop – der Bewegung, die so wahnsinnig viele krasse Künstlerinnen hervorgebracht hat.
Liebe Miss Gizzle, du hast letzte Woche ein neues Mixtape ins Netz gepumpt: „Herstory of Rap“. 42 Jahre Female Rap Geschichte hast du in zwei Stunden gepackt. Gab es eine Initialzündung für dich, so ein Projekt anzugehen?
Das Thema Frauen im HipHop hat mich schon immer beschäftigt. Als DJ Oonops mich eingeladen hat, einen Gastmix für seine Reihe „Oonops Drops“ auf Brooklyn Radio aufzunehmen, hatte ich Lust, daraus etwas Besonderes zu machen. Ob damals oder heute: Frauen haben die Geschichte geprägt und mitgeschrieben, aber erstaunlicherweise hat sich bisher noch kein DJ daran versucht, die Geschichte des Female Rap musikalisch zu erzählen.
Was hat dich bei deiner Recherche für die Song Selection am meisten überrascht?
Während der Recherche tauchte ich wochenlang immer tiefer in meine Musiksammlung ein. Die Auswahl weiblicher MCs war am Ende viel umfangreicher, als ich erwartet hatte. Bis heute entdecke ich täglich neue Künstlerinnen, die ich auch gerne in den Mix eingebaut hätte – und das ist eine schöne Erkenntnis.
Hast du eine Favorite Female Rap Ära?
Mit Rap der 90er bis Anfang der 2000er bin ich groß geworden. Das hat mich natürlich extrem geprägt. Es gibt so viele Klassiker von weiblichen Artists aus dieser Ära, ohne die der damalige Clubsound ein anderer gewesen wäre – und vielleicht auch weniger erfolgreich. Aber auch die letzten Jahre feiere ich unglaublich für die Qualität, Vielseitigkeit und den Zusammenhalt.
Mit welchem Setup ist dein Mix entstanden? Womit legst du aktuell auf?
Ich habe den Mix mit Ableton aufgenommen, dazu natürlich 1210er, mein alter Rane-Mixer, etliche Platten und Serato. Maze von MB 1000 hat mir noch ein paar Vocals für das Intro eingesprochen und Felix Bauermeister (Cashmerebeats) hat das Ganze am Ende gemastert. Inzwischen lege ich nicht mehr so viel auf, dafür bastle ich verstärkt an Beats, was mir gerade einfach mehr Spaß macht.
Du bist bereits seit über 20 Jahren als DJ aktiv und hast die Hannoveraner Clubszene krass mit geprägt. Inzwischen sind Fe*male DJs keine Seltenheit mehr, aber ich bilde mir ein, dass es damals anders war. Oder ist es ähnlich wie mit dem MCs – dass alle denken, es gab ja keine Frauen, aber eigentlich gab es schon früher ganz viele?
Ich denke schon, dass es früher weniger aktive Frauen gab. Vieles hat sich einfach lokal abgespielt, weshalb man oft nur mitbekommen hat, was im näheren Umfeld passiert. Ich war aber nicht alleine. Bei Soulpower 74 habe ich zwei Jahre im Plattenladen gearbeitet, da kamen auch immer wieder Frauen in den Laden, aber die Hürde, selbst aktiv zu werden, war damals sehr hoch. Als ich anfing, gab es kaum weibliche Vorbilder. Als Frau musste man sich auf mehreren Ebenen beweisen. Anfangs wurdest du immer unterschätzt, aber an den Plattentellern konntest du das ausgleichen. Das Ziel war also nicht mehr als Frau, sondern als gleichwertiges Mitglied in der DJ-Kultur wahrgenommen und akzeptiert zu werden. Es gab nur wenige Möglichkeiten aufzulegen. Man musste wie jede*r andere um seinen Platz auf der Bühne kämpfen. Wenn man regelmäßig auflegen wollte, blieb einem häufig nur übrig, selbst aktiv zu werden und Veranstaltungen zu organisieren. Es gab aber einen gegenseitigen Respekt und ich fühlte mich in Hannover sehr akzeptiert. Ich bin unglaublich dankbar, in der Zeit groß geworden zu sein, weil die Szene sehr familiär war.
Gibt es etwas, was du der nächsten Generation HipHop-begeisterten Frauen mit auf den Weg geben würdest?
HipHop ist total vielschichtig. Wenn es etwas gibt, worauf ihr Lust habt und was ihr mit Leidenschaft verfolgt, dann macht das, findet euren eigenen Weg und lasst euch nicht unterkriegen. Es kann euch nur stärken!
Was wünschst du dir für die Zukunft von HipHop?
Ich wünsche mir eine Gesellschaft ohne Diskriminierung in jeglicher Form und dass HipHop seinen Beitrag dazu leistet. Ich wünsche mir ein empathisches, respektvolles und solidarisches Miteinander.
Miss Gizzles „Herstory of Rap“ findet ihr auf Soundcloud und Mixcloud.