Amber London lehnt sich auf dem Sofa zurück. „What Chu Gon Do”, rappt sie herausfordernd in die Kamera. Ihr Auftreten ist vor allem eins: aggressiv. Sie fügt sich perfekt ein in das Bild der Männer, die da im Hintergrund des Musikvideos zu ihrem Song „What Chu Gon Do“ stehen. Es sind allesamt Vertreter des RVIDXR KLVN, dessen bis heute einziges weibliches Mitglied Amber ist. Ja, genau: RVIDXR KLVN (Raider Klan), jenes hypermaskuline HipHop-Kollektiv, das in den 2010ern unerwartet den Style und die Ästhetik der kommenden Jahre im Mainstream-Rap einläutete.
You know what I’m sayin?
Lyrics „Be Careful“
It’s a such thing as Karma
That’s why it’s important to put good energy out, so you can get that shit back“
London fand im RVIDXR KLAN Verbündete, die wie sie das Bedürfnis hatten, etwas im HipHop zu schaffen, das ihnen in den Zehner Jahren fehlte: die Authentizität des Raps der 90er. Sie begannen, Oldschool-Samples gegenwartstauglich zu machen, indem sie das Tempo herunterschraubten und so ihren charakteristischen dunklen Sound kreierten.
Obwohl Amber London deutlich diese RVIDXR KLVN-Ästhetik bedient, hat sie über die Jahre doch ihren ganz eigenen Stil entwickelt. London bezeichnet sich selbst als Kind der 90er, und so strotzen ihre Songs regelrecht vor Referenzen auf Artists aus diesem Jahrzehnt. Sei es der eigenwillige Phonk, diese geschmeidige Synthese aus Jazz und Funk der 90er, oder die soften Interludes mit Samples von R&B-Legenden wie Aaliyah.
„Aaliyah’s definitely a big inspiration, a big influence on my music and everything“, erzählt Amber der NPR Music in einem Interview in 2015. Aber nicht nur Aaliyah selbst fasziniert sie, London nennt auch Producerin und Rapperin Missy Elliott als eines ihrer Vorbilder. Das ist, was sie machen möchte: nicht „nur“ Rap, sondern darüber hinaus etwas für sich selbst schaffen. Wir können nur hoffen, dass sie das durchzieht, wir brauchen unbedingt mehr female Producer.
Inzwischen hat sich London etwas von diesem klassischen Oldschool-Rap wegbewegt. „I met too many people who are doing it now“, sagt sie der Vice im Interview zu ihrem Mixtape „Life II Death“. Ihr Sound ist futuristischer geworden, doch London schafft es, ihrem Style treu zu bleiben. Sie hebt sich aus der langen Liste der RVIDXR KLVN-Mitglieder hervor. Ob das nun daran liegt, dass sie als einzige female Rapperin eine andere Perspektive mitbringt, oder daran, dass Amber London einfach ihr eigenes Ding macht, ist wahrscheinlich nebensächlich. London macht Musik, um Musik zu machen, um sich selbst darin zu verlieren und um ihrer aufgestauten Aggressivität auf der Bühne Raum zu geben. Das sollte genügen.
Ain’t nothing changed I stay true to the game
Lyrics „Get Respect“
This rap shit soft, but who can I blame?“