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Basstett

Basstett

Ich denke, bei folgender Aussage ist sich ein Großteil der Rap-Hörer:innen einig: Rap ist Lyrik. Lyrik zum Hören, Lyrik in ihrer Reinform sozusagen. Arbeit mit Wörtern. Eine Arbeit, mit der die Rapperin Basstett in ihrem „richtigen Leben“ Geld verdient. Denn eigentlich ist Basstett, die bürgerlich Josephine Macfoy heißt, Journalistin. Und das merkt man ihren Texten unweigerlich an. Wortgewandt reitet sie über Doppeldeutigkeiten, Wortspiele und biegt sich ihre Sätze so elegant zurecht, als wäre ein Beat nichts, das Takt oder Zeilenlängen vorgäbe.

Das, was Basstett hier macht, ist lyrische Intelligenz, ohne dabei den Sinn für Straßenrap und eine gewisse Rap-Ästhetik zu verlieren. Schließlich ist sie geborene Berlinerin und als solche mit dem typischen harten Berliner Sound aufgewachsen: Savas („Er hat einfach die ganze Szene maßgeblich beeinflusst!“), Prinz Porno, Megaloh. K.I.Z. haben sie vor allem in Bezug auf ihren sozialkritischen Anspruch sehr geprägt, Damion Davis war ihr persönlich als Künstler wichtig („Sein Wortschatz ist unglaublich!“).

Und dann wäre da noch Antifuchs. „Ich finds cool, dass ’ne Frau auch mit so einer Attitude rausgeht und sich nicht so krass über den Körper verkauft, sondern wirklich sagt: Ich bin eine Persönlichkeit und hört euch meine Texte an.“ Denn so macht es Basstett selbst. Sie möchte nicht über ihren Körper und ihr Aussehen wahrgenommen werden, sondern über ihre Rhymes. Deshalb inszeniert sie sich auch wenig mit Selfies oder sexy Fotos.

An ihre Texte habe sie deshalb umso höhere Ansprüche und wolle immer noch besser werden. „Ich hab da so ein Oldschool-HipHop-Verständnis“, erklärt die Berlinerin mit einem Lachen. „Sich selber immer weiter herauszufordern und immer weiter zu verbessern“, bedeute das für sie. Ihr Aufschlag „Fadenkreuz“ ist basslastig und legt einen härteren Tonfall an den Tag. „Ich finde, jeder Frau steht es zu, dominant aufzutreten“, sagt sie über den Song. Thema und Hook waberten ihr schon ewig im Kopf herum: „Einfach mal einen Song über das Klischee der menstruierenden wütenden Frau machen“, freut sie sich. In ihrer kleinen Instagram-Reihe mit dem Namen „Blaue-Stunde-Cypher“ klingt sie versöhnlicher. Hier schickt sie auf Lo-Fi-Beats einmal die Woche „ein paar gute Gedanken“ raus. „Das ist auch eine Seite, die ich mir irgendwo erlauben will.“ Basstett probiert sich aus und hat Spaß an verschiedenen Stilen.

Schon früher schreibt Josephine viele Gedichte und setzt sich viel und lange mit Sprache auseinander: „Ich finde Sprache einfach unheimlich spannend […] Ich glaube schon, dass das ein Ergebnis von Training ist, weil ich in vielerlei Hinsicht immer Chancen ergriffen habe, mich sprachlich neu auszuprobieren“, erläutert sie ihre Lyrizität.

Inspiriert wird Basstett dabei vom Leben an sich. Sie schöpft das Material für ihre Texte aus ihrer Umgebung – gerade Berlin biete da natürlich eine unheimliche Bandbreite an Menschen. „Jeder Mensch hat eine eigene Lebensgeschichte und manche Lebensgeschichten kann man den Menschen einfach an den Gesichtern ablesen oder an der Art wie sie sich geben. Mir geht’s häufig so, dass ich mich frage, was die Person wohl erlebt hat und in meinem Kopf so ein kleiner Film entsteht.“

Rappen, das sei für sie eine „weitere Sprachdisziplin, in der ich mich eben trainiere, einfach aus reinem Spaß.“ Zudem könne man mit Rap unheimlich viel über eine Gesellschaft erzählen und die Stimmung der Menschen aufnehmen. Seitdem Josephine wieder rappt schätzt sie ganz besonders die Erfahrung, was Musik einem geben kann. Die HipHop-Kultur hat in Josephines Leben eine immense Bedeutung: „[Sie] hat mich durch alle Krisen gebracht und jetzt auch wieder durch diese“.

Das erste mal ist sie auf dem Schulhof damit in Berührung gekommen. Damals ist es eine Mode-Erscheinung. Viele andere Mädchen tragen zwar Baggypants, beschäftigen sich aber weniger mit der Kultur selbst. Josephine aber beginnt damals, sich viel mit Schwarzer Geschichte auseinanderzusetzen. Für sie ist HipHop nicht nur Lifestyle, sondern „ein ganzer Identitätskosmos.“ Ihre Begeisterung für Rap geht dabei Hand in Hand mit ihrer Entwicklung und der Suche nach ihren eigenen Roots. Bis heute schätzt sie auch das politische Selbstverständnis der HipHop-Kultur: Es sei „eine Emanzipationsbewegung für Leute, die vielleicht nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren wurden.“

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Neben dem Studium beginnt sie dann hobbymäßig zu rappen. Ihr damaliger Partner bringt sie dazu, denn er rappt auch. Die Künstlerinnenpersönlichkeit Basstett, ein Wortspiel in Bezug auf die Katzengöttin aus der ägyptischen Mythologie, gibt es deshalb schon seit 2013. Damals hat sie eine produktive Phase, in der sie auch Sachen aufnimmt und auf YouTube stellt, aber so richtig angegangen ist sie das Projekt Rap nie. So nebenbei funktioniert das eben nicht. Deshalb ist es in den letzten Jahren dann erstmal länger still um die Rapperin Basstett – Leben halt.

„Aber dann kam ja das wundervolle Corona“, scherzt die Rapperin. Als sie deshalb sozial weniger eingespannt ist, hat Basstett eine „kreative Explosion“. Sie textet wieder und fände es schade, daraus nichts zu machen. Mit der Produzentin RUSNAM, die eigentlich experimental electronic music macht und sich dabei von HipHop, R&B, Techno und middle east sounds inspirieren lässt, startet sie das Projekt Basstett von Neuem. Eine Geschichte wie viele: Sie hängen zusammen im Studio ab, können musikalisch viel miteinander anfangen und kommen auf die Idee, eine EP zusammen zu machen – nur um dann doch zu merken, dass beide unterschiedliche Vorstellungen haben. Egal, Basstett zieht durch. Die EP soll auf jeden Fall kommen. „BasstettMixtur“ wird sie heißen.

Auf den insgesamt vier Songs wird sie sich als Künstlerin vorstellen, Berlin als der Ort ihres Lebensmittelpunkts wird eine große Rolle spielen. Denn die Rapperin ist in Schöneberg aufgewachsen, das beeinflusse die Identität schon ziemlich. Es gibt eine besondere Zusammensetzung von Leuten. Basstett schätzt die Vielseitigkeit aber auch die Widerständigkeit Berlins. Das werde hier zelebriert und gehöre zur Identität der Stadt dazu. Erfahrungen, die auch in ihrer Musik eine große Rolle spielen: „Ich möchte gerne Musik machen, die Leute darin bestärkt, andere Wege zu gehen, Dinge auch zu kritisieren, und sich selbst in der Welt zu vertreten.“

Neben der Veröffentlichung ihrer EP stehen noch ein paar kleinere Projekte an. Etwa die Teilnahme am F.R.E.S.H. Online Battle Turnier oder ihre regelmäßigen Blaue-Stunde-Cyphers auf ihrem Instagram-Account. Im Herbst nach der EP will Basstett dann auf Kollabo-Tour gehen und mit Leuten was machen, die sie cool findet.

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