In der Geschichte populärer Musik gibt es sie immer wieder: Künstler:innen, denen man im Nachgang ihrer Schaffenszeit attestiert, ihrer Zeit voraus gewesen zu sein. Nicht anders verhält es sich bei den Rapperinnen Lyndah McCaskill und Tanisha Michele Morgan, die von circa 1989 bis 1994 als Duo Bytches With Problems (kurz BWP) für ziemlich viel Aufsehen sorgten – allem voran aufgrund ihrer sexpositiven, expliziten Lyrics. Verkannt wurde dabei vor fast 25 Jahren nur leider, dass es den Beiden mit ihrer Musik nicht nur um den Ausdruck weiblicher Lust, Sexualität und Selbstbestimmung ging, sondern sie gleichermaßen auch ordentlich Gesellschaftskritik übten.
They only good for one thing/ B-b banging … Ask them if they paid their child support last week.“
– BWA in „Fuck A Man“
Wenngleich es ihr Debütalbum „The Bytches“ von 1991 bis auf Platz 34 der Billboard Top R&B/Hip-Hop Album-Charts schafft und Sex das überordnete Thema der Platte zu sein scheint, bleibt in der Rezeption die inhaltliche Tiefe der insgesamt zwölf Tracks unreflektiert und findet kaum mediale Beachtung. Dass es bei den Bytches With Problems um mehr als nur sexpositives Gequatsche zwischen zwei jungen toughen Frauen geht, sollte jedoch spätestens bei Tracks wie der selbsterklärenden Hymne „No Means No“, dem Track „Wanted“, in dem es um Racial Profiling geht oder „We Want Money“ deutlich werden.
I’m fiending, I’m scheming/ I need money, catch the meaning?/ I see him, his pockets bulging/ His money, I’ll indulge in/ Stop, pull over, motherf*cker/ You forgot the rent’s due, sucker?/ Dear, I need clothes for the kids/ Stop crying sucker, you know how I live/
– BWP in „We Want Money“
[Chorus] Yeah, we got some boyfriends/ Yeah, we go two kids/ Yeah, we want some money/ That’s the way we live/ We want money“
Im Übrigen handelt es sich bei dem Bandnamen nicht (nur) um ein Reclaiming des Begriffs „Bitch“, sondern in erster Linie um eine Abkürzung: „Beautiful Young Thing College Honeys en‘ Shit“. Man kann Lyndah McCaskill und Tanisha Michele Morgan nachsagen, was man will, aber das nötige Selbstbewusstsein und Talent für eine vielversprechende Karriere hatten beide jungen Frauen in jedem Falle. Umso bedauerlicher, dass nur wenige Tage vor der angesetzten Veröffentlichung ihrer zweiten Platte das Release gecancelt und bis heute nicht veröffentlicht wurde.
Wer sich selbst – neben genannten Bangern zum Reinhören – einen visuellen Eindruck von der beeindruckenden Dynamik dieser starken Rapperinnen machen will, schaut sich einfach ihre Performance bei der Ron Reagan Show Mitte der 1990er Jahre an. Bei dem Auftritt bringen die beiden in wenigen Worten auf den Punkt, warum sich ihre expliziten Rap-Texte nicht einfach nur als „bytch music“ bezeichnen lassen, sondern vor allem eben als „therapy music“ – bei all dem Scheiß, den (Schwarze) Frauen in dieser Gesellschaft erleben.