Dass die Zwillingsschwestern Cam & China aus LA kommen, hört man den Songs der Beiden bereits bei den ersten langgezogen knarzenden Piano-Noten an. Wer bei den Beats des Geschwister-Duos nicht schon die Lowrider tanzen sieht, sollte sich definitiv mal das Gehör checken lassen. Aufgewachsen im berüchtigten Inglewood platzten Cam & China, damals noch zu viert als All-Girl-Band mit dem Namen Pink Dollaz, bereits im Highschool-Alter in die lokale Rap-Szene. Damals, also in den frühen 10er Jahren, war ihre Musik vor allem chaotisch, knallig und laut. Auch wenn die Flows noch etwas hölzern klangen, waren die Designer-Sonnenbrillen riesig und die Klickzahlen immerhin schon im sechsstelligen Bereich.
Was in der Highschool noch banales Rumgeblödel auf Plastik-Beats war, ist mittlerweile zum Lebensinhalt der Schwestern geworden. Mittlerweile ist ihre Musik zwar deutlich ruhiger, jedoch nicht weniger kraftvoll und roh. Natürlich haben sich über die Jahre auch die lyrischen Fähigkeiten deutlich gesteigert. Aus Zeilen wie „I stay on my task / like a stay with such class / I’m not much a ass“ sind mittlerweile ernstzunehmende Punchlines, furiose YouTube-Freestyle-Sessions und messerscharfe Flows geworden. Inhaltlich hat sich dagegen gar nicht mal so viel getan: Den Angebereien über Luxus-Leben und die eigene Unerreichbarkeit im Bett sind halt noch die Facetten des Lebens hinzugefügt worden, die dich eben erst nach der Highschool umgeben: die Aufs und Abs des eigenen Liebeslebens.
Obwohl Cam & China bereits seit über zehn Jahren im Game sind, steht in ihrer Diskografie erst eine EP neben mehreren losen Singles. Dem selbstbetitelten Debüt sollte eigentlich zeitnah ein richtiges Album folgen. Als „Cam & China“ 2016 erschien, war die Online-Presse schon beeindruckt von den Schwestern. Pitchfork verglich die Dynamik der Beiden sogar mit den legendären Duos The Clipse und Mobb Deep. Denn ähnlich wie bei diesen beiden Zweigespannen, ist es auch bei Cam & China keine einfache Aufgabe herauszuhören, wer von den Schwestern grade hinter dem Mikro steht. Stimme, Flow, Wortwahl – Cam & China ähneln sich wie, nun ja, eineiige Zwillinge halt. Dennoch passierte musikalisch erstmal sehr wenig nach der Debüt-EP. Über drei Jahre herrschte fast völlige Funkstille. Das änderte sich zum Glück im vergangenen Jahr. Nun erschien im April mit „Spend That“ bereits die dritte Single innerhalb weniger Monate. Ein Projekt in voller länge scheint also nicht mehr allzu weit entfernt!