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Celaviedmai

Celaviedmai

Celaviedmai ist ein musikalisches Chamäleon. In einem Moment rasiert die Mittzwanzigerin einen aufgeregten Trap-Banger, im nächsten singt sie eine Klavier-Ballade in bester R&B-Manier. Warme Soul- und Jazz-Samplebeats stehen ihr ebensogut, und auch sommerliche Pop-Songs hat die Irin im Repertoire. Der gemeinsame Nenner bleibt trotzdem immer Rap. Man könnte meinen, Celaviedmai hätte schon eine ellenlange Diskografie hinter ihrem Namen, dabei markiert der im Juni erschienene Song „Questions“ erst ihre sechste Solo-Single. 

In einem Interview betont Mai, jedes Genre ausprobieren zu wollen. Ein Feature mit einer Rockband wünscht sie sich für die Zukunft. Alte Denkmuster finden sich nicht in ihrem Kopf. Als sie etwas später gefragt wird, ob sie sich als Europäerin fühle, antwortet die in Galway als Tochter ivorischer Eltern geborene Rapperin, sie wisse gar nicht, was europäisch so richtig bedeuten solle. Stattdessen identifiziere sich sich als Millennial, besessen von sozialen Medien und dem eigenen Aussehen. Kultur und Zeitgeist anstelle von Grenzen und Nationen. 

Karrieretechnisch sollte 2020 für Celaviedmai eigentlich das große Durchbruch-Jahr werden. Zu Beginn dieses in der Dramaturgie für die Allgemeinheit doch eher stark abgefallenen Jahres kündigte sie direkt zwei EPs an und ließ den Wunsch nach jeder Menge Shows folgen. Letztere fielen natürlich ins Wasser, und damit auch diverse Möglichkeiten, ihre Musik zu promoten und die Karriere zu pushen. Immerhin bekam sie kürzlich für ein innovatives Instagram-Konzert auf dem Kanal des irischen Magazins Hot Press viel positives Feedback. 

Nach einigen starken Singles im letzten Jahr hatten es sowieso bereits einige nationale und internationale Medien auf die 26-Jährige abgesehen. Die New York Times, Vice und auch GoldenPlec baten bereits zum Interview. Mit dem Lockdown geriet die kreative Arbeit für Celaviedmai allerdings erst einmal in den Hintergrund. Schon vorher hatte sie häufiger darüber gesprochen, wie hart es sei, sich in einem nicht sehr HipHop-affinen Land wie Irland mit Rap-Musik über Wasser zu halten. Eine Pandemie macht das logischerweise nicht leichter. 

Hinzu kam dann noch der weltweit wahrgenommene Schicksalsschlag, der gewaltsame Tod von George Floyd. Celaviedmai drückte bei ihrer Karriereplanung kurzerhand auf Pause und wurde zur Vollzeit-Aktivistin. Sie organisierte lokale Black Lives Matter-Proteste und gab mehrere Interviews über ihren von Rassismus geprägten Alltag an der irischen Westküste. So räumte sie beispielsweise mit dem Klischee einer arbeitsscheuen oder, direkter gesagt, faulen schwarzen Künstlerin auf, das ihr häufig anhängt. Tatsächlich hat die erst 26-Jährige, die bereits vor über acht Jahren mit dem Kollektiv Mic-A-Blaze anfing zu rappen, auch einen College-Abschluss in Biochemie in der Tasche. 

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Nach einer kurzen Verschnaufpause will Mai ihren Fokus jetzt aber wieder voll auf die Musik legen. Ihr Momentum will sie sich auch von 2020 nicht kaputt machen lassen. Musik, so sagt die Newcomerin an vielen Stellen, fühlte sich für sie schon immer wie ihr Schicksal an. In einem emotionalen Instagram-Post, in dem sie erstmals über ihre Essstörungen spricht, schreibt Celaviedmai, vor allem in schwachen Momenten immer Stärke und Trost in ihrem musikalischen Schaffen gefunden zu haben. Einer Vielzahl ihrer Songs hört man genau diese emotionale Qualität an. Die aktuelle Single „Questions“ gibt sich dabei beispielsweise ganz dem aktuell sehr gut nachvollziehbaren Moment der Überforderung hin, wenn tausend Gedanken, Ängste und Schmerzen gleichzeitig durch den Kopf schwirren. 

Auf „For Me“ verarbeitet sie in herzzerreißender Manier die Trennung einer Langzeitbeziehung, nur um auf ihrem bisher erfolgreichsten und auch härtesten Song „Confessions“ wieder voll in den selbstbewussten „Bad-Bitch-Modus“, wie Mai es selbst nennt, zurückzukehren. Ihr Künstlername leitet sich dementsprechend natürlich von der Redewendung „C’est la vie“ ab und bedeutet in diesem Kontext so viel wie „Das ist das Leben von Mai“. Im ersten Moment klingt das ziemlich cheesy, passt bei näherer Betrachtung ihrer Person und Musik allerdings doch ziemlich gut. 

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