Dass weibliche Rapperinnen in der Musikindustrie häufig unsichtbar gemacht werden, ist nichts Neues. Besonders in Thailand werden Frauen in der Branche schlecht anerkannt. Recherchiert man über die Künstlerin Cyanide, so wird sie in den thailändischen Medien nur selten wegen ihrer Musik thematisiert – viel eher geht es um ihre Social-Media-Aktivität oder den Vorwurf, sie hätte sich für einen ihrer Songs zu sehr von einem anderen Lied inspirieren lassen. Dass sie erst 21 Jahre alt ist und viele ihrer Musikvideos trotzdem über eine halbe Million Aufrufe verzeichnen, fällt da häufig unter den Tisch.
Cyanide, deren vollständiger Künstlerinnenname ไนซ์ Cyanide (eng.: nice cyanide) lautet, wurde im Jahr 2000 in Thailand geboren. Bekannt wurde sie durch die erste Staffel der thailändische Casting-Show The Rapper, die ähnlich wie das deutsche The Voice of Germany funktioniert. Im Alter von gerade einmal 18 Jahren nahm sie an diesem Wettbewerb teil, schaffte es aber nur knapp in die zweite Runde – unter anderem wegen ihres eher sanften, noch zögerlichen Auftretens. Trotzdem wurde Cyanides Teilnahme an der Show zum Startschuss ihrer Karriere.
Vor diesem Auftritt hatte Cyanide erst einen einzigen Song veröffentlicht, der zwar gut ankam, sie aber noch lang nicht aus der Masse der thailändischen Musiker:innen hervorstechen lies. In Interviews erzählte sie, wie schwer es sei, sich als Rapperin in diesem Land Aufmerksamkeit zu verschaffen. Gute Rap-Musik zu machen würde laut ihr dazu nicht ausreichen. Viel eher bräuchte es poppige Hooks und bunte Outfits, die die Leute dazu bewegen, über einen zu sprechen. Unauffällig gekleidet und überwiegend zurückhalten, fiel es ihr zu Beginn ihrer Karriere äußert schwer, diesen Ansprüchen gerecht zu werden.
In den zwei folgenden Jahren nach der Casting-Show hingegen eigenete Cyanide sich ein gänzlich neues Image an, um nicht weiter zwischen Konkurrent:innen unterzugehen. Von dem zurückhaltenden Mädchen mit der vorsichtigen Stimme hörte man von nun an nur noch wenig. Bis heute sieht man Cyanide in ihren Musikvideos vorwiegend mit Waffen und Autos posieren, geschmückt mit auffälligen Frisuren und Outfits, die dem Mainstream nicht entsprechen. Neben dem veränderten Erscheinungsbild, änderte Cyanide vor allen Dingen aber auch ihre Attitüde: Um einiges aggressiver und bestimmter als noch vor wenigen Jahren, versprüht sie mittlerweile das gesunde Selbstbewusstsein einer Kämpferin, die nicht weiterhin unter dem Radar fliegen will.
Der Imagewandel lohnte sich, denn nach der Casting-Show ging es für Cyanide steil bergauf. Ihre Songs erreichten mehrere Millionen Klicks in den ersten Tagen, in den thailändischen Medien wurde sie immer wieder als „junges Musikwunder“ bezeichnet. Durch die neugewonnene Aufmerksamkeit, konnten aber auch alte Songs an Fans gewinnen – so verzeichnet eine poppige Ballade mit dem TItel „Let you go“, die sie nur wenige Monate nach der Sendung veröffentlichte. ganze 220 Millionen Aufrufe auf Youtube.
Ihre Reichweite nutzte Cyanide zuletzt, um in der Öffentlichkeit über ihre eigene bipolare Depression zu sprechen. Ein Instagrampost über dieses Tabuthema sorgte Ende 2020 für viel Aufsehen. In dem Post erklärte sie, dass sie bereits seit 2018 in Behandlung sei und bis heute medikamentös behandelt werden müsse, um überhaupt in der Lage zu sein, gegen ihre Krankheit kämpfen zu können. In den vergangenen Jahren hatte sie nicht über dieses Thema sprechen wollen, da sie das Gefühl gehabt hätte, Menschen würden die Thematisierung von Depressionen als Schrei nach Aufmerksamkeit fehlinterpretieren. Trotzdem ereilte sie die Einsicht, dass es an der Zeit sei, mit diesen Stigmata zu brechen und sich empowernd für alle anderen Betroffenen in die Öffentlichkeit zu stellen – ein großes und wichtiges Statement für eine junge Frau, die noch vor wenigen Jahren wegen ihrer Introvertiertheit belächelt wurde.
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