“You’ll never find someone like me”, sang die selbstbestimmte, selbstbewusste und unabhängige 20-jährige Dhurata Dora mit einem Hauch von Kühnheit in ihrer 2013 erschienen Single “I Like Dat”. Den englischen Flow, eingebaut in einer albanischen Pop-Nummer, unterstrich eine souveräne, jedoch auch bossy Attitüde. Damals noch ein Kristallfunken im Meer, arbeitete sich die Kosovo-albanische Künstlerin aus Nürnberg hoch in die Musikindustrie des Balkans, mit dem Augenmerk auf Albanien und Kosovo. Ihr Sinn für Pop-Hymnen, Sommerhits und gezielte Kollaborationen mit lokalen und internationalen Künstler:innen verschaffte der heute 28-jährigen Sängerin europaweite Popularität. Sie gilt als das Aushängeschild der Kosovo-albanischen Musikkultur.
Zwar aufgewachsen im süddeutschen Bayern, fokussierte sich die musikinteressierte Dhurata schlichtweg auf die albanische Unterhaltungsindustrie. Sie sah sich selbst als Sängerin, Performerin und Songwriterin in der Szene agieren, sie sah sich als Künstlerin, die den Kosovo-albanischen Musikhorizont erweitert und ihn womöglich auch international repräsentiert. Im Jahr 2011 veröffentlichte sie ihre erste Single “Vetë Kërkove” (“Du fragtest danach”). Sie thematisiert eine bittere Liebesgeschichte, wobei Dhurata allem ein Ende gesetzt hat. Als Abschluss an die betreffende Person und sich selbst hat sie ihre Wut und auch ihre Erleichterung in diesem Lied niedergeschrieben: eine letzte Nachricht, eine letzte Zusammenkunft aller Gefühle, die nun der Vergangenheit angehören.
Mit dieser Single erregte die junge Dhurata erste lokale Aufmerksamkeit. Stück für Stück brillierte sie danach als Künstlerin des Südosten Europas, sodass erste bekannte albanische Acts an dem entfachten und vielversprechenden Talent des Neulings in der Musikszene Interesse zeigen.
Albanischer, kühner Rap mit melodischem, poppigem Reggae fusioniert mit dem Rapper Lumi B und dem Duo Blunt & Real auf der Single “Edhe Pak”, wörtlich übersetzt “Ein bisschen mehr”. Tatsache: Ein bisschen mehr, und die bis dahin eher unbekannte Künstlerin wurde zu einer aufstrebenden Newcomerin. Sämtliche große lokale Medienplattformen und Künstler richteten ihre Aufmerksamkeit auf Dhurata. Mit ihrer 2015 veröffentlichten Single “Ti Don” (“Du Willst”) gewann sie eine Platzierung bei der Zhurma Award Show, eine musikalische Preisverleihung, die in der in der Kosovo-albanischen Hauptstadt Prishtina stattfindet. Ein funkelnder Weg breitete sich vor Dhurata aus, selbst erarbeitet mit ihrem Talent und dem Gespür für den richtigen Sound.
National gilt Dhurata Dora schon als nächste Pop-Ikone, aber wie steht es europaweit?
Geschickt und natürlich verwendet die Sängerin oftmals Einflüsse anderer Sprachen. “Du kannst mich seh’n mit dem Booty, boom boom / Alles, was ich mach, mit meinen Booty, boom boom”, singt Dhurata gelassen auf Deutsch auf ihrem Track “Jake Jake” und wechselt flüssig ins Englische: “Bad boys, bad boys, what you gonna do? / What you gonna do when we twerk for you?” Mit der Referenz zum Klassiker “Bad Boys” von Bob Marley implementierte die Sängerin gezielt mehrere Einflüsse auf einmal und steigerte so die Attraktivität ihrer Musik für mehrere Zielgruppen.
Dhurata Dora erkannte die Macht dieses Tools und fokussierte sich darauf, wie sie ihr Repertoire noch kreativer, abwechslungsreicher und zugleich herausstechend und interessant für möglichst viele Hörer:innen gestalten könne. Sie kollaborierte mit dem algerisch-französischen Künstler Soolking. Die Zusammenarbeit resultierte im Lied “Zemër” (“Herz”). Mit dieser Single erlangte Dhurata ihren internationalen Durchbruch und Chartplatzierungen in Frankreich, Belgien und der Schweiz. Über 650 Millionen Aufrufe verzeichnet das Musikvideo zum Lied auf YouTube und bescherte seiner Urheberin eine Platin-Auszeichnung. Monatelang hörte man den Sommerhit nicht nur in den Straßen und in den Bars im Kosovo und Albanien, sondern europaweit. “Zemrën ma ke thy” (“Du hast mein Herz gebrochen”) mischt Albanisch, Französisch und Englisch. Trotz trüben lyrischen Inhalts, es geht um Liebe und Kummer, entpuppt sich der Song als eine Hymne der Unabhängigkeit.
Auch weiterhin interagiert und kooperiert die Sängerin mit multilingualen Kolleg:innen, zum Beispiel mit dem ebenfalls Kosovo-albanischen Rapper Azet aus Deutschland auf dem Lied “Lass Los”. Dhurata betrachtet die Zusammenarbeit mit verschiedensten Künstler:innen als Fundament ihrer eigenen Musik, als Inspiration, um zu inspirieren.