Tanzende Rapperin oder rappende Tänzerin? Fanny Polly aus Südfrankreich will sich in keine Kategorien zwängen lassen. Sie tanzt, rappt, singt, choreografiert, schreibt, unterrichtet und das alles mit einer mitreißenden Hingabe. Sollen es unbedingt Kategorien sein – dann ist es wohl HipHop. Und das ist sie durch und durch.
Als Teenagerin beginnt sie mit dem Tanzen und experimentiert mit verschiedenen Stilrichtungen. Hängen bleibt sie beim Contemporary HipHop und merkt schnell: Das wird nicht ausschließlich von Profis im Studio getanzt, sondern auf der Straße. Fanny Polly gründet ihren eigenen Verein, gibt Workshops und organisiert Tanzveranstaltungen. Um professioneller unterrichten zu können, setzt sie noch eine Ausbildung als Fitnesstrainerin oben drauf. Mit Mitte zwanzig zieht sie nach Paris, macht dort eine Tanzausbildung und gründet mit Kolleg:innen die Tanzcrew X-Pression Art D’Corps. Gemeinsam stellen sie die Show „Tout une histoire“ auf die Beine. „Eine ziemliche Geschichte“, so soll auch ihr 2019 erscheinendes Debüt-Album heißen. Denn mittlerweile wird auch ihre zweite Leidenschaft immer stärker – rappen.
So atemlos wie ihre künstlerische Karriere begann, so geht sie auch weiter. Auf offenen Bühnen zeigt sie ihre Skillz. Neben dem Tanzen hat Fanny Polly bereits in jungen Jahren mit Texten und Rappen begonnen. Das in Frankreich schon lange etablierte HipHop-Kollektiv Scred Connexion wird aufmerksam, und es entsteht eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Sie wird als erste weibliche Künstlerin auf dem Label der Scred Connexion unter Vertrag genommen und beginnt, an ihrem Album zu arbeiten.
Ihre musikalische Ausrichtung ist so abwechslungsreich und divers wie ihre Karriere. Stilrichtungen und Einflüsse gehen vom BoomBap über Trap bis hin zu harten Gitarrenriffs. Textlich passiert das, wofür MCs aus Frankreich landläufig bekannt sind – authentisches Storytelling, direkt aus dem Leben und Herzen. Conscious Rap würden manche jetzt vielleicht sagen, doch das wäre vermutlich wieder eine Kategorie, die Fanny Polly nicht gerecht wird. Ihre Texte machen deutlich: Da ist eine Frau, die mit aufmerksamen Augen durchs Leben geht. Es geht um liebevolle Danksagungen an ihr Umfeld, aber auch um den rassistischen Normalzustand im Süden Frankreichs sowie den harten Weg von Frauen* in männlich konnotierten Zusammenhängen. Im 2020 erscheinenden „Isolés“ beschreibt sie eindrucksvoll verschiedene gesellschaftliche Ausschlussmechanismen, die, so unterschiedlich, wie sie sein mögen, doch eines gemeinsam haben: Sie isolieren.
„Être une femme, c’est un combat en soi.“
„Eine Frau zu sein, ist ein Kampf für sich“: Damit hat Fanny Polly wohl Recht. Doch sie transformiert diesem Kampf so außergewöhnlich in ihre Kunst, das ist nicht nur spannend zu hören und zu sehen. Sie kämpft auch für die vielen jungen (tanzenden) Rapper:innen, die ihr hoffentlich noch folgen werden.