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FaulenzA

FaulenzA

Dass Rap seine Ursprünge vor allen Dingen in politischen Kontexten hat, sollte den Meisten nicht gerade neu sein, ebenso wie die linkspolitische Orientierung hinter Punkt. Dass sich beide Szenen manchmal ähnlicher sind, als es auf den ersten Moment scheint, verkörpert FaulenzA wie keine zweite. Ursprünglich aus der Punkszene stammend und als Straßenmusikerin aktiv, ist sie inzwischen aber auch überzeugte linkspolitische Rapperin. Sie auf eine Tätigkeit zu reduzieren, wäre aber gänzlich falsch – als Buchautorin, Aktivistin, Kolumnistin und Straßenmusikerin dreht sich auch heute noch nahezu ihr gesamtes Leben um politische Botschaften, besonders im Kampf für die queere Community.

FaulenzA, auch liebevoll Fauli genannt, fand ihre ersten Berührungspunkte zur Musik im Kindesalter, als sie in einer lockeren Gruppe, ganz in Lagerfeuer-Manier, das Gitarre spielen lernte. Bereits mit 14 Jahren gründete sie in der Schule mit Freund:innen erste Punkbands, denn Punk war seit jeher die Szene, in der sie sich gut aufgehoben fühlte. Spätestens als sie in einem Elektronikmarkt eine CD mit dem Titel „Schlachtrufe BRD-Sampler“ in der Hand hielt und daraufhin linksradikale Punkbands entdeckte, hatte sie das Gefühl, den richtigen Platz für sich gefunden zu haben.

Das erste Solo-Konzert unter dem Namen FaulenzA spielte die damals 18-Jährige 2008 in Düsseldorf, damals noch überwiegend singend und sich selbst mit der Gitarre begleitend. Als Punkerin war sie schon früh von der „Do-it-yourself“-Kultur und der künstlerischen Freiheit der Szene angesprochen, ganz frei von teuren Instrumenten, professionellen Tonstudios und Merchandise vom Fließband. 2011 schloss sie sich dem Staßenmusiker:innen-Netzwerk „Rotzfreche Asphaltkultur“ an, bei dem sie bis heute als Straßenmusikerin aktiv ist, egal ob mit Gitarre oder Akkordeon, meisten auf den Straßen Kreuzbergs. Parallel dazu stieß sie dann auch erstmals auf Rapperinnen wie Sookee oder Lena Stöhrfaktor und fing an, sich für Rap zu begeistern. Dem Punk blieb sie trotzdem immer treu und schloss sich 2016 zusätzlich zwei weiteren Bands an, der queerfeministischen Folk-Punk-Gruppe Crusty Schimmelfahrt und der Straßenmusik- & Theatergruppe Der Müll der letzten Tage.

Das vielleicht wichtigste Album in FaulenzAs Laufbahn ist „Glitzerrebellion“ von 2014. Die Songs darauf schrieb sie teilweise vor ihrem Coming Out im Jahr 2012 als Trans*frau, teilweise aber auch erst danach, wodurch das Tape einen intimen Einblick in ihre Entwicklung und ihr Selbstbild offenbart. Auf „Glitzerrebellion“ fanden sich zusätzlich auch erstmals Rap-Einflüsse. Live genoss sie es zu dieser Zeit ganz besonders, kein Instrument mehr in der Hand zu halten, sondern mit dem Mikrofon über die Bühne zu tanzen, während die Beats aus den Boxen dröhnten. Letztlich fand sie so viel Gefallen daran, dass sie sich für zukünftige Rap-Projekte doch ein wenig von der „Do-it-yourself“-Kultur löste und beim Berliner Label „Springstoff“ anfragte, welches sie bis heute nicht nur bei der Musikproduktion, sondern auch bei der Verwirklichung von Workshops zu Themen wie Trans*feindlichkeit, Selbstbehauptung und Selbstverteidigung unterstützt.

Ihr erstes Rapalbum bei „Springstoff“ trägt den Titel „Einhornrap“ und überzeugte 2016 in der linken Szene schlagartig, unter anderem auch durch nennenswerte Featureparts von Sookee, Jennifer Gegenläufer oder Lady Lazy. Auch auf dem folgenden Album „Wunderwesen“ von 2018 konnte sie sich in der Szene beliebten Gästinnen wie Haszcara, Finna oder Carmel Zoum ins Boot holen.

Inhaltlich thematisiert FaulenzA neben verschiedensten Emotionen, die jede:r von uns kennt, besonderes ihren Umgang mit ihren psychischen Krankheiten und ihrer psychischen Behinderung, gleichgeschlechtliche Liebe und ihrer Trans*weiblichkeit. „In meiner Musik versuche ich, politische Themen mit Humor zu verknüpfen und ehrlich und offen über meine Gefühle zu singen. Dadurch sind meine Lieder oft sehr intim. Ich hoffe, dass Menschen davon berührt werden, sich selbst ein Stück weit in meinen Liedern verstanden fühlen“, sagt sie selbst auf ihrer Homepage. Dabei spricht sie zwar auch vom Leid, möchte aber in erster Linie motivierend sein: „Eine zentrale Botschaft in meinen Liedern ist: Sei du selbst, auch wenn du nicht in die Schubladen von Leuten passt. (…) Du bist gut wie du bist.“

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Neben der großen Rolle für ihr eigenes Leben und Wohlbefinden bedeutet Musik für FaulenzA vor allen Dingen auch politischer Aktivismus. Auf Demos und Kundgebungen auftreten können, sei für sie als Frau, die selbst durch Musik politisiert wurde, eine große Ehre. Ihren Aktivismus möchte sie vor allem nutzen, um sich für die queere Community einzusetzen: „Sexistischer und homophober Musik wird viel zu viel Raum gegeben, Menschen die nicht in diese männliche/hetero Normalität passen, werden dadurch klein gemacht und an den Rand gedrängt. (…) Ich möchte auf der einen Seite Frauen (…) ansprechen und empowern, auf der anderen Seite aber möglichst in den Mainstream der Gesellschaft, weil die Themen alle etwas angehen.“

Die Lockdown-Umstände schränken FaulenzA in der COVID-19-Pandemie nur bedingt ein. Zwar erzählt sie, dass ihr die Konzerte fehlen würden, Straßenmusik sei aber trotzdem mehrmals die Woche für sie möglich. Glücklicherweise gibt es bei ihr jedoch auch am Schreibtisch jede Menge Arbeit, denn aktuell plant sie nicht nur ihr nächstes Album „Riot Queers“, sondern brachte auch erst kürzlich einen Song für ihren Lieblingsfußballverein sowie ein Hörbuch heraus – und auch an dem zweiten Teil des Hörbuchs sowie der Printausgabe dazu schreibt sie bereits fleißig.

Egal ob es Liveshows auf Demonstrationen, ihre Workshops, ihr eigenes Hörspiel oder ihre Bücher über Diskriminierungserfahrungen als Trans*frau sind – FaulenzA lebt mit voller Leidenschaft für ihren politischen Aktivismus und trägt damit ein wichtiges Stück dazu bei, die heteronormativen Strukturen in der Musikbranche aufzubrechen und queere Communities zu bestärken.

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