Ana Isabel García. Hinter diesem Namen versteckte sich niemals nur eine Person. Die Frau hinter Gata Cattana bezeichnete sich in ihrer Twitter-Bio als „Rapperin in der Nacht, Dichterin am Tag und von Zeit zu Zeit Politologin“. Alle drei Dinge finden sich in ihrer Musik als Gata Cattana wieder. Als Musikerin wurde die Andalusierin aus Cordoba als die neue feministische Stimme des spanischen Raps gehandelt, denn in ihren Texten schaffte Gata Cattana den Spagat zwischen Alltagsbeobachtungen aus feministischen Blickwinkeln, Anspielungen auf antike Mythologie, sowie andalusische und Pop-Kultur. Dabei wechselten sich in ihren Lyrics mythologische Sinnbilder und glasklare Punchlines ab, in der sie ihrer Wut über ihre Erfahrungen als Frau und über soziale Ungleichheit in der Gesellschaft Luft machte.
In einem Interview 2017 sagte Gata Cattana, sie sei von US-amerikanischen Künstlerinnen und für sie weiblichen Referenzpunkten in der Musik wie Nina Simone, Lauryn Hill oder Princess Nokia beeinflusst und gleichzeitig von der Musik ihrer andalusischen Heimat: Flamenco-Sänger:innen wie Estrella Morente oder Niño de Elche. Seit ihrer Kindheit war Ana Isabel García jedoch nicht nur geprägt von Flamenco-Songs und HipHop-Beats, sondern fasziniert an Geschichte, antiker Mythologie und Poesie.
All das verband sie seit 2008 im Rap in ihrem Alter-Ego Gata Cattana. Ihre erste EP „Los siete contra Tebas“ (2012) nahm sie während ihres Politikstudiums in Granada auf. Während Gata Cattanas hypnotische Stimme in ihren ersten EPs eher auf dunklen minimalistischen Samples und langsamen elektronischen Beats rappte, gab es auf ihrer zweite EP „Anclas“ (2015) stärkere musikalische Bezüge zum Flamenco. So begann der Opener „La Prueba“ mit einem sphärischen Downbeat, auf dem Gata Cattana die erste Minute Flamenco sang. Auf „Anclas“ fand sich als letzter Song auch „Lisístrata“, der Song, der heute als eine feministische Hymne in Spanien gilt. 2016 brachte Gata Cattana mit „Inéditos“ eine Compilation aus unveröffentlichten Songs raus und ihren ersten Gedichtband „La Escala de Mohs“.
2017 arbeitete Gata Cattana in Madrid an ihrem ersten Album „Banzai“, das in der ersten Jahreshälfte erscheinen sollte. Am 2. März 2017 starb sie überraschend an den Folgen eines allergischen Schocks. Freund:innen und Familie, sowie ihr Producer David Unison veröffentlichten im Oktober 2017 postum das letzte Album von Gata Cattana. Die Künstlerin hat auf ihrem Album musikalisch zum Teil mit ihren vorangegangenen EPs gebrochen: Die LP ist bestimmt von sphärischen Trapbeats. Lyrisch bleibt sie sich treu, und auch melodisch und atmosphärisch ist „Banzai“ genauso wenig wie die Vorgänger ein fröhliches „Feel-Good-Album“. Musikalische Anspielungen auf Flamenco finden sich, jedoch dezenter, versteckt hinter den sphärischen Soundteppichen.
Das letzte Album lohnt sich chronologisch zu hören, denn die verletzlichen Seiten von Gata Cattana („Nada Funcionando“, „Hermano Inventor“, „Desértico“) wechseln sich ab: mit fast schon unbeschwerten Songs („Limonero“, „Mi Negra“, „Mi burra“) und mit der vertrauten Seite der Rapperin, die Wut und Suche in der gegenwärtigen Gesellschaft ausdrückt („Banzai“, „Fuego“, „Papeles“). „Banzai“ ist ein perfektes erstes und letztes Album einer spanischen Ausnahmekünstlerin.