Zwei Takte. Eine stampfende Trommel und eine skurrile Tonfolge aus Gongs. Mehr braucht es nicht, um völlig schockverliebt zu sein in die philippinisch-kanadische Rapperin Han Han. Ihre Single „World Gong Crazy“, eine gelungene Mischung aus HipHop und philippinischer Folklore, katapultierte sie von Toronto aus um die ganze Welt und brachte ihr eine Nominierung für die Berlin Music Video Awards ein.
Im Pandemiejahr 2020, vier Jahre nach „World Gong Crazy“, hat Han Han ihr zweites Album „Urduja“ veröffentlicht. „Urduja“ ist eine Art Kriegerinnenprinzessin und zugleich eine feministische Symbolfigur in ihrer Heimat. Als wichtigste Inspiration für das Album nennt die Rapperin ihre Großmutter. Bei ihr ist sie aufgewachsen, in Cebu, hörte dort erstmals Rapmusik im Radio und begann, Gedichte zu schreiben. Ambitionen, selbst als Rapperin aktiv zu werden, hat sie da noch nicht.
2006 zieht sie nach Kanada. Dort nimmt sie an einem Poetry Workshop in einem Kulturzentrum teil und präsentiert ihre Poesie so erstmalig anderen Menschen. Parallel dazu lernt sie die kanadische Rapperin French Manilla kennen, die sie nicht nur zu einer Jamsession einlädt, sondern auch für erste Connections mit Producern sorgt. French Manilla ist es auch, die Han Han davon überzeugt, ihre Gedichte mit Beats zu unterlegen.
Han Han entscheidet sich, ihre Musik in ihren philippinischen Muttersprachen Cebuano und Tagalong zu veröffentlichen. Zum einen fühlt es sich für sie natürlicher an, ihre Gedanken in den Sprachen zu formulieren, mit denen sie aufgewachsen ist. Zum anderen ist es ihr ein tiefes Anliefen, philippinisch-stämmigen Jugendlichen eine Identifikationsfläche zu liefern. So sagt sie in einem Interview mit nowtoronto.com:
„A lot of Asian cultures have an inferiority complex. There’s this colonial mentality that what we have to offer isn’t adequate, so we accommodate. I want to instill pride in Filipino youth and remind them that our culture is already enough.”
Darüber hinaus ist das Rappen in ihren Muttersprachen für Han Han auch ein Weg, um den Bezug zu ihrer Heimat nicht zu verlieren. Denn gerade die Sprache gerät schnell in Vergessenheit, wenn sie nicht regelmäßig verwendet wird.
Han Han ist zu einer Art Galionsfigur geworden, für ihr Heimatland, aber auch für die jüngeren Generationen philippinischer Migrant*innen auf der ganzen Welt. Dass ihre Musik so erfolgreich sein würde, hatte sie nicht kommen sehen. So sagt sie im Interview mit Madame Rap, dass insbesondere die heftige Resonanz auf „World Gong Crazy“ sie beinahe etwas überfordert habe. Bis heute arbeitet die Rapperin in Vollzeit als Krankenschwester auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Toronto. Musik ist für sie ein Mittel zur Stressbewältigung und Freizeitaktivität, eine Tätigkeit, die ihr Freude bereiten und sich gut anfühlen soll. Hoffen wir, dass diese Rap-Queen weiterhin viel Spaß an der Produktion neuer Songs hat und wir noch viel von ihrer innovativen Rap-Vision zu hören kriegen.