Der Weg vom YouTube-Star zur Musik wird heutzutage gerade in der Rap-Szene fast ausschließlich negativ behaftet. Grade innerhalb der auf Realness fixierten Untergrund- und Indie-Szene ist eine Vorbeschäftigung als Social Media-Star mehr als verpönt. Weil Junglepussy diesen Weg – weg von ihren Comedy-Videos hin zu ersten Songs – allerdings schon vor über sechs Jahren ging, als die Trendwelle aus musikmachenden YouTuber*innen noch nicht abzusehen und vor allem die monetären Mittel auf den Plattformen noch ziemlich gering waren, konnte sie sich mittlerweile zur festen Größe der New Yorker Szene mausern. Vor allem ihrer schier unendlichen Energie, aber auch schlicht ihrem musikalischem Talent ist das zu verdanken.
Ihren ersten Songs „Cream Team“ nahm Shayna McHayle, wie Junglepussy bürgerlich heißt, sogar erst auf den Wunsch einiger ihrer Follower*innen hin auf. Als dann aber Erykah Badu höchstpersönlich den Track über Twitter teilte, musste Junglepussy nachlegen und lieferte prompt ihr Debüt-Tape „Satisfaction Guaranteed“ ab. In knapp über 30 Minuten arbeitet sich Junglepussy auf dem Mixtape an sämtlichen Umständen ab, mit denen sie als schwarze Frau in ihrem Alltag in New York City zu kämpfen hat. Als wohl bestes Beispiel für diese Mischung aus Alltagsrassimus und Sexismus muss man nur einen Blick auf die Reaktionen auf ihren Künstlernamen werfen. Während weiße Bands wie die Pussycat Dolls oder Perfect Pussy einfach durchgewinkt werden, muss die New Yorkerin ständig die Bedeutung hinter ihrem Namen erklären. Der resultiert übrigens einfach nur aus einem alten, als Witz gemeinten Twitter-Pseudonym.
2015 schiebt Junglepussy dann direkt ihr Debüt-Album hinterher. Das große Geld der Majors lehnt die in Brooklyn aufgewachsene Rapperin ab und genießt stattdessen das Leben als Indie-Künstlerin. „Pregnant with Success“ heißt die Platte, die allen Müttern, aber vor allem ihrer eigenen gewidmet ist. Diese war es nämlich, die Shayna McHayle seit jeher in dem Bewusstsein aufzog, wie wichtig es ist, sich selbst zu lieben. Logischerweise bezeichnet Junglepussy ihre Mutter in einem Interview daher auch mal als „Queen of Selflove“. Dieser Lifestyle ist schließlich zu einer wichtigen Komponente von Junglepussys Musik geworden. Lange bevor der Hashtag #selflove auf Instagram zum Trend wird, erhält die New Yorkerin unter ihren Fans so etwas wie den Status als Selbstliebe-Guru.
Das energetische „Pregnant with Success“ erzählt abwechselnd von Sex, toxischen Beziehungen und der Wichtigkeit, sich selbst zu respektieren und stets an erste Stelle zu setzen. Allerdings hat Junglepussy nie den Humor ihrer YouTube-Anfangszeiten verloren, wodurch ihre Musik sämtliche Oberlehrer-Mentalität entbehrt. Als letzte Säule ihrer musikalischen Identität kommt schließlich noch gutes Essen hinzu. Zusammengenommen landet man dann bei Zeilen wie „I think I like him more than I like Trader Joe’s / I’ll swallow kids if he start eating vegetables,” die gleichzeitig schreiend komisch, aber irgendwo auch wegweisend seien können.
Nach den turbulenten ersten Jahren und Projekten ihrer Karriere folgte ein Reset. Erst 2018 erschien Junglepussys aktuellstes Album „JP3“, das wie ihre beiden Releases zuvor fast ausschließlich von Shy Guy produziert wurde. Hier zeigt sich die ansonsten sehr laute Junglepussy von einer deutlich ruhigeren Seite. Harte Drums sind größtenteils entspannten R&B-Balladen gewichen. Auch scheint die New Yorkerin persönlich einen großen Wachstumsprozess durchgemacht zu haben. „JP3“ befasst sich viel mehr mit den positiven Dingen in Junglepussys Leben und ist so auch deutlich persönlicher geworden als die vorherigen Songs. Schließlich sind sogar Vocals von ihrem 4-jährigen Neffen auf dem finalen Album-Song „Showers“, der gleichfalls Junglepussys ruhigsten, wie auch einen ihrer besten Songs darstellt.