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Katja Krasavice

Katja Krasavice

Auf diesem Blog haben wir euch bereits von einigen Karrieren erzählt, die die ungewöhnlichsten Wege einschlugen und FLINTA* in Positionen brachten, an denen sie zuvor wohl niemand erwartet hat. Eine dieser Geschichten ist die von Katja Krasavice. Angefangen bei traumatisierenden Kindheitserfahrungen und einem der polarisierendsten deutschen YouTube-Channels überhaupt, kann Katja Krasavice heute nicht nur drei Studioalben, sondern auch einen Feature-Part auf einem Saweetie & Doja CatRemix vorweisen. Ihre Person und Musik stehen häufig weiter in der Kritik, Katja Krasavice reagiert darauf seit Anbeginn ihrer Karriere mit einem dicken Lächeln und ausgestrecktem Mittelfinger.

Katrin Vogelová wird am 10. August 1996 in Tschechien geboren, bevor sie im Alter von vier Jahren mit ihren Eltern und den zwei älteren Brüdern in die sächsische Provinz, nach Liebschütz zieht. Musik verfolgt die junge Katja damals am liebsten auf dem Bildschirm: Videos der ganz großen Popstars laufen in ihrem Kinderzimmer auf und ab und prägen dabei laut eigener Aussage nicht nur ihren Musikgeschmack, sondern auch ihr Schönheitsideal – ein Thema, das in ihrer künftigen Karriere eine wichtige Rolle spielen soll.

Bereits im Grundschulalter beginnt sie, sich anders zu kleiden als gleichaltrige Mädchen, und sich so zu schminken, wie sie es in den Musikvideos ihrer Vorbilder bewundert. Aufgrund ihres jungen Alters sorgt das natürlich für Probleme, sowohl im Elternhaus als auch in der Schule. Hinzu kommen in den folgenden Jahren unzählige Schicksalsschläge: Häusliche Gewalt, die Trennung ihrer Eltern und der Tod ihrer beiden Brüder erschweren Katjas Jugend immens. Zusätzlich muss sie immer wieder vor Gericht gegen ihren eigenen Vater aussagen. Ihr Ventil für all diese traumatisierenden Erfahrungen bleiben einerseits die Musik, andererseits die Aufmerksamkeit und Empörung, die sie mit ihrem Auftreten erzeugt. Figurbetonte Outfits und auffälliges Make-Up sorgen zwar für extremes Mobbing, ermöglichen ihr aber eben auch eine Ausdrucksform, mit der sie sich bewusst von ihren Mitschüler:innen abgrenzen will.

Mit 16 Jahren äußert Katja erstmals den Wunsch, ein eigenes Musikvideo zu drehen – so eines, wie sie es früher immer im Fernsehen gesehen hatte. Trotz finanzieller Sorgen kauft ihre Mutter ihr eine einfache Kamera und einen Nachmittag im Tonstudio, an dem Katja ihren ersten Song aufnimmt. Das heute nicht mehr verfügbare Cover von Miley Cyrus‘ „We Can’t Stop“ lädt sie auf YouTube hoch, nach eigener Aussage wohl wissend, dass ihr Gesang nicht wirklich gut gewesen sei. Infolgedessen wird sie sowohl online als auch in den Straßen Leipzigs weiter ausgelacht, bespuckt und vor allen Dingen sexualisiert. Statt sich dem Mobbing zu ergeben, beschließt Katja von hier an, den Spieß umzudrehen und aus der Sexualisierung und Provokation ein gesamtes Image aufzubauen, ein Image, das angeblich aber kein Kostüm und keine Fassade ist, sondern nur ihre Persönlichkeit widerspiegelt. Dass hinter der von nun an existierenden Persona Katja Krasavice aber ein junges Mädchen steckt, das jede Menge schlimme Erfahrungen sammeln musste, ist bei der Erschaffung ihrer öffentlichen Rolle auch nicht zu vernachlässigen.

Ab 2014 veröffentlicht Katja Krasavice zunächst Lifestyle-Videos auf YouTube, in denen es vorrangig um sexuelle Inhalte geht. Ihr Content polarisiert so sehr, dass sich schnell eine große Community bildet, bestehend aus den verschiedensten Personengruppen: junge Mädchen, die Katja für ihr Selbstbewusstsein bewundern, und diejenigen, die den Einfluss von Katja auf eben jene jungen Zuschauer:innen stark kritisieren, sowohl in konstruktiven Kommentaren als auch in einer scheinbar endlos großen Masse von purem Hass. Zwischen Vorwürfen des Blackfacings, fragwürdigen Zusammenarbeiten mit problematischen Rappern und Lob für ihren Einsatz für die LGBTQ*-Community gelingt es Katja Krasavice regelmäßig, positive wie auch negative Reaktionen hervorzurufen. Und wie setzt man so einer die Meinungen spaltenden Karriere die Krone auf? Indem man die alten Träume von der Musik wieder aufgreift.

Vor dem Ende ihrer Webvideo-Karriere im Jahr 2019 veröffentlicht Katja ihre ersten drei Singles. „Doggy“, „Dicke Lippen“ und „Sex Tape“ handeln – unschwer zu erkennen – allesamt von dem, das Katja sowieso thematisiert: Sex. Ihre treue Follower:innenschaft befördert die Debütsingle „Doggy“ sogar in die Chats, was aber womöglich auch daran liegt, dass unter allen Vorbesteller:innen ihre private Handynummer verlost werden sollte. Warner Music Germany bietet ihr daraufhin einen Plattenvertrag an. Dass es sich bis hierhin nicht um auffallend gute Musik, sondern eher um eine kommerzielle Erfolgsstrategie handelt, liegt nahe.

Den einmal aufgekommenen musikalischen Erfolg nutzt Katja Krasavice direkt für sich. Am 17. Januar 2020 erscheint mit „Boss Bitch“ ihr Debütalbum. Der Aufschrei aus vielen Ecken des Internets ist groß, erneut landet Katja mit ihrer Veröffentlichung auf Platz eins der deutschen Charts. Große Diskussionen entstehen darüber, wie es sein könne, dass eine Künstlerin so viel Erfolg habe, obwohl ihre Musik nicht besonderes gut sei, die hohen Verkaufszahlen kämen immerhin größtenteils durch ihre treue, langjährig aufgebaute YouTube-Community zustande. Doch sind wir ehrlich: Bei den männlichen Protagonisten der Szene interessiert es ja auch nur die allerwenigsten, wo deren hohe Klickzahlen herkommen.

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Den Hate abblocken, auf die kritischen Stimmen nicht eingehen – das hat Katja bereits in ihrer YouTube-Zeit geübt. Diese Fähigkeit kommt ihr nun zugute. Die negativen Kommentare zu ihrem ersten Album beachtet sie kaum, dafür erscheint knapp ein Jahr nach dem Debütalbum bereits der zweite Longplayer. „Eure Mami“ klingt nicht nur musikalisch ein Stück erfahrener als das vorherige Release, sondern landet ebenfalls an der Chart-Spitze.

Wo wir schon bei Nummer-eins-Hits sind: Mitte April 2021 veröffentlichten die US-Rapperinnen Saweetie und Doja Cat unterschiedliche Remix-Versionen ihres gemeinsamen Songs „Best Friend“. Eine dieser Versionen wurde zum vielleicht spektakulärsten Meilenstein in Katja Krasavices Karriere: „Best Friend feat. Katja Krasavice“ schaffte es ebenfalls auf Platz eins der deutschen Singlecharts. Als deutsche Künstlerin eine Nummer-eins-Single gemeinsam mit Saweetie und Doja Cat: Das muss man erst einmal schaffen. Kurz vor Erscheinen dieses Portraits veröffentlicht Katja Krasavice mit „Pussy Power“ übrigens ein weiteres Album, das sicherlich wieder für jede Menge Aufstehen sorgt. Vielleicht gibt es ja auch eine erneute musikalische Steigerung, sodass die Hasskommentare irgendwann verstummen. Der Hate gegen die Person Katja Krasavice und die Kritik an ihrer Musik mögen groß sein, ihre Community und die erreichten Meilensteine sind es aber ebenso.



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