„Die Wut ist der Keim der Revolution“ rappt Keny Arkana in ihrem wohl bekanntesten Song „La Rage“. Wut auf die herrschende Klasse, auf Polizeigewalt, auf die Globalisierung, die weltweit so viele Opfer fordert – das ist die Quintessenz aus der Diskographie einer Ausnahmekünstlerin, die politischen Rap wie wenig andere europäische Künstler*innen mitgeprägt haben dürfte.
Keny Arkana wird 1981 in Boulogne-Billancourt, einem Pariser Vorort, als Tocher argentinischer Einwander*innen geboren. Sie wuchs in Marseille auf, wo sie HipHop schon früh als Sprache der Banlieues kennenlernte. Ihre Rapkarriere begann in Kollektiven wie Mars Patrie, Etat-Major und La Rage du Peuple. Letzteres diente ihr nicht nur als musikalischer Türöffner in die französische Szene, sondern brachte auch Keny Arkanas politische Ansichten auf die HipHop-Landkarte.
Die Rapperin macht kein Geheimnis aus ihrer politischen Meinung. Im September 2007 spielte sie ein „wildes“ Konzert im schweizerischen Genf, zu dem mehrere tausend Menschen erschienen. Die Show fand in Solidarität mit den Genfer Hausbesetzungen statt, die am Tag zuvor nahezu komplett und gewaltsam von der schweizerischen Polizei geräumt wurden. Nachdem die Polizei Keny Arkanas Konzert vorzeitig beendet hatte, lieferten sich einige Zuschauer*innen eine wilde Straßenschlacht mit den Hundertschaften der Polizei.
Politik steht für Keny Arkana nicht nur im Mittelpunkt ihres künstlerischen Schaffens, sie ist auch ein elementarer Bestandteil ihres Privatlebens. Nach der Tour zu ihrem fünften Album „Tout tourne autour du soleil“ flog sie in die mexikanische Provinz Chiapas, um bei den anarcho-kommunistischen Zapatistas zu leben – einer Rebellenmiliz, die seit Jahren mehre Provinzen im Süden Mexikos kontrolliert und frei von staatlichen Zwängen versucht, eine egalitäre Gesellschaft zu errichten. Vom Leben der Zapatistas beeindruckt, überlegte Keny Arkana, in Mexiko zu bleiben und Frankreich den Rücken zu kehren. Doch Subcomandante Marcos, einer der Wortführer*innen der mexikanischen Rebellen, konnte sie von der Rückkehr nach Europa überzeugen. „Er sagte mir, dass mein Platz in Frankreich sei, dass ich weiter meine Sachen machen sollte“, erzählt die Rapperin im Interview mit Streetpress.
Zurück in Frankreich veröffentlichte Keny Arkana ihre Alben „État d‘urgance“ (2016) und „L‘esquisse 3“ (2017). Letzteres stieg der in Heimat der Rapperin auf Platz 10 ein – bisher ihr größter kommerzieller Erfolg. „L‘esquisse 3“ ist das bisher letzte Album der rappenden Aktivistin. Doch angesichts der weltweiten Krisen und zunehmenden Ungleichheit ist es hoffentlich nur eine Frage der Zeit, bis die vermutlich wütendste Rapperin Frankreichs erneut ihre Stimme erhebt und zum zivilen Ungehorsam aufruft.