Kristina Si wurde in eine Familie von Zirkusdarstellern geboren. Bis zu ihrem sechsten Lebensjahr zog sie mit dem Wanderzirkus von Ort zu Ort, bis ihre Leute sich 1997 in der russischen Großstadt Tula niederließen. Dort besuchte die damals sechsjährige Kristina eine Musikschule und versuchte sich drei Jahre lang am Klavierspielen, bevor sie zum Pop-Jazz-Gesang wechselte. Im Alter von nur 17 Jahren zog sie nach Moskau, um sich dort an einem Kunstinstitut weiter damit zu beschäftigen. Zwei Jahre nach ihrem Umzug lernte sie in Moskau den Musiker und Songwriter Paul Murashov kennen, der später auch den Text zu ihrem ersten 2011 erschienenen Song „Я улетаю“ (deutsch: „Ich fliege weg“) schrieb. In den folgenden Jahren veröffentlichte sie zahlreiche Singles, die sich dem Pop-Genre zuordnen lassen.
Kristina Si gewann an Popularität, als sie 2013 als erste weibliche Künstlerin bei Russlands berühmtester Plattenfirma, dem Record Label Black Star, unter Vertrag genommen wurde. Damit begann auch Kristinas Karriere als Rapperin im HipHop-Genre. Die Geschichte des weiblichen HipHop in Russland ist geprägt von Ignoranz. Zwar dominiert HipHop seit längerer Zeit schon den russischen Mainstream. Für Frauen ist es dennoch schwieriger, in der Szene ernst genommen zu werden, als für Männer. Die junge Rapperin konnte jedoch den Mangel an Konkurrenz für sich nutzen und kletterte schnell an die Spitze der Charts: In Kooperation mit der Plattenfirma kam ihr erster HipHop-Track „Ну ну да“ (deutsch: „Nun ja“) heraus, der auf Platz zehn der 50 besten Songs des Jahres 2013 landete. Das passende Musikvideo schaffte es sogar auf den fünften Platz der russischen „Clips des Jahres“.
Am 28. November 2016 veröffentlichte die Künstlerin ihr Debüt-Album mit dem Titel „Светом во тьме“ (deutsch: „Licht im Dunkeln“). Das Album enthält 15 Songs, unter anderem mit Kollaborationen mit Labelkollegen wie Scroodge oder Dima No One. Eines sticht dabei jedoch am meisten heraus: HipHop-lastige Tracks wie „Хочу“ (deutsch: „Ich will“) stehen im Kontrast zum Rest des Albums. Ihr gesangliches Talent wird in Popsongs mit Jazz-Einflüssen deutlich. Mit Rap hatte sie jedoch mehr Erfolg: 2017 schaffte es Kristina Si in die MTV RUSSIAs Top 100 der beliebtesten Rap-Künstler:innen und landete dabei auf Platz 15. Innerhalb ihres Labels war sie unter den gefragtesten Musiker:innen.
Das Black Star-Label nutzte ihre ansteigende Popularität und wollte aus dem jungen Mädchen eine selbstbewusste Frau machen, die bewusst Herzen bricht, sich über Oberflächlichkeiten lustig macht, aber sich selbst für die Größte hält. Ihre Rapsongs, die andere Songwriter schrieben, waren gefüllt mit Beleidigungen und Beteuerungen ihrer eigenen Coolness. Erst als sie nach fünf Jahren ihr Label verließ, gab sie bekannt, dass sie nie intendiert hatte, Rapperin zu werden. Sie spielte während der Zeit bei Black Star Inc. lediglich eine Rolle. Das Singen war nämlich schon immer ihre Leidenschaft, und diesen Traum wolle sie nun weiterverfolgen.
Einige Jahre später feierte ihre Rapkarriere aus eigenem Antrieb allerdings ein Comeback: Unter anderem der im Juli 2020 veröffentlichte Track „Крис Кроссы“ (deutsch: etwa „Sneaker“) zeigt, dass Kristina Si dem HipHop keineswegs den Rücken gekehrt hat. Die 29-Jährige produziert genreübergreifend einen Hit nach dem nächsten und verkauft sich dabei sehr gut.
Ob Rap oder Gesang – Kristina Si hat der Welt gezeigt, dass Musik ihr im Blut liegt. Ob langsame Balladen oder straighte, aggressive Sounds. Mit ihrer wandlungsfähigen Stimme beweist die vielseitige Künstlerin, dass sie nicht in eine Schublade gesteckt werden kann und sich nicht von Stereotypen aufhalten lässt.