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La Kost

La Kost

Schön wäre gewesen, hätte sich ihr Tracktitel als prophetisch erwiesen: „Non Sono Fatta“, spittete La Kost 2013 in die Runde. „Ich bin noch nicht fertig.“ Traurigerweise verliert sich danach ihre Spur in den Nebeln der Zeit. 2014 funkte die Rapperin ihr letztes Lebenszeichen. Vorher allerdings mischte sie die italienische HipHop-Szene noch ordentlich auf. Sobald die Rede auf Female MCs aus bella Italia kommt, fällt ihr Name eher früher als später. Kein Wunder, setze sie sich doch stets energisch gegen Rollenklischees und falsche Zimperlichkeiten zur Wehr:

Wenn du Songs von mir erwartest, in denen ich erzähle, wie ich gelitten habe, als mein Freund mich verlassen hat, wie sehr mein Vater mich frustriert, wie ich glücklich mit meiner Freundin über grüne Wiesen laufe, über all das Zeug, das sich für ein Mädchen angeblich schickt, bist du hier falsch. Meine Kunst ist meine Kunst, auch wenn sie dreckig ist. Mit eurer politischen und sozialen Korrektheit wische ich mir den Arsch ab, weil ich kotzen müsste, würde ich Texte für spatzenhirnige Idioten schreiben.“

La Kost bei Facebook

Ihr ahnt schon: Zugeständnisse oder Kompromisse sind nicht La Kosts Sache.

Ihre Geschichte beginnt am 25. November 1993 in Brescia in der Lombardei: Dort kommt als Tochter eines italienischen Vaters und einer Mutter von den Philippinen ein Mädchen namens Eliza zur Welt. Ihre ersten vier Lebensjahre verbringt sie da, ehe es sie zusammen mit ihrer Mutter in deren Heimat verschlägt. Eliza wächst in Rodriguez auf, einer nicht gerade vom Glück und Wohlstand geküssten Gegend in der Nähe der philippinischen Hauptstadt Manila.

Auch wenn der Kontakt zum Vater nie ganz abreißt, geht Eliza ihr italienisches Erbe beinahe verloren. Die Sprache zum Beispiel muss sie nach ihrer Rückkehr nach Italien Jahre später erst wieder lernen. In ihrer neuen Hood spricht ja niemand Italienisch, dafür hören die Kids dort US-amerikanischen HipHop. Eliza ist fasziniert. Die Jungs aus der Nachbarschaft, die eine Crew gegründet haben, nehmen die Kleine nur allzu gern unter ihre Fittiche. Eine Art Maskottchen sei sie für sie gewesen, erinnert sich La Kost später. Bei illegalen Partys (die übrigens für die Veranstalter:innen nicht ohne Risiko ablaufen, öffentlich Kritik an der Regierung zu äußern, steht auf den Philippinen unter Strafe) macht sie ihre ersten Bühnenerfahrungen. Es keimt der zarte, ihr selbst noch recht unrealistisch erscheinende Traum von einer Zukunft als Sängerin.

Zunächst führt sie ihr Lebensweg aber in ihr Geburtsland Italien zurück. Im Dörfchen Maclodio nahe Brescia findet sie ein neues Zuhause. Sie erkämpft sich ihr Italienisch zurück, zeichnet viel, liest noch mehr, und schreibt bald erste Texte und Gedichte. Eine Lehrerin hält sie für so begabt, dass sie einige von Elizas Essays an eine Zeitung schickt. Die bieten ihr direkt einen Job an, allerdings scheitert das Arbeitsverhältnis an der Jugend des Scheibtalents: Eliza ist da gerade einmal 16, also im besten Alter, um allerlei Dummheiten zu machen. Dass Handlungen Konsequenzen haben, lernt sie auf die harte Tour, und wie viele andere entdeckt sie im Rap ein geeignetes Ventil, um sich aufgestauten Zorn von der Seele zu spitten.

2013 kommt sie beim in Brescia ansässigen Label Black Apple Records unter. Als Teil einer Crew, unter Producern, Beatboxern und anderen MCs aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen blüht sie richtiggehend auf. Für ihre Texte lässt sich Eliza, die sich inzwischen Miss Kost nennt, von ihrem eigenen Leben inspirieren. Auch ihr Interesse an Philosophie und Psychologie liefert ihr Stoff. Musikalisch schöpft sie aus allem, das sie selbst cool findet: Blues und Dubstep, vor allem aber US-HipHop aus den 90ern und frühen 2000ern. Die Black Apple-Crewkollegen bringen zusätzlich arabische Einflüsse in ihren Sound. Ihre fünf Tracks starke Debüt-EP „Ballantine“ veröffentlicht Miss Kost am 1. Februar 2013.

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Wie und warum es zum Bruch kam: Wir wissen es nicht. Noch im gleichen Jahr lenkt Miss Kost ihre Fangemeinde auf ihre neue Facebook-Präsenz um. Sie nennt sich fortan La Kost und begründet den Schritt lapidar mit einem „Wechsel im Management“. Als Label führt sie inzwischen Golden Age Records an, die Plattenfirma des US-italienischen Rappers Duke Montana, der als ihr Manager und Featurepartner fungiert:

Die Single „Flow Tritulo“ kündigen sie bei Golden Age als ersten Vorgeschmack auf ein Mixtape an, mit dem La Kost ihren Einstand bei der neuen Labelheimat feiern soll, bloß: Darüber, was aus diesem Projekt geworden sein mag, spuckt das Netz nichts aus. Auch sonst regt sich seit 2014 nichts mehr auf La Kosts sozialen Medien. Gerüchte, die sich jedoch nur schlecht verifizieren lassen, munkeln von einer Überdosis.

So oder so: sehr schade. La Kost wirkte, als habe sie noch einiges in petto. Man hat es ihr abgenommen, ihr „Non Sono Fatta“:

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