Solange es notwendig ist, nachfolgende Zeilen zu tippen, werden wir unsere Arbeit bei 365 Female* MCs nicht einstellen – that’s for sure. Schön und gut, dass Rap sich auch in den Niederlanden zur beliebtesten Musikrichtung entwickelt und durchaus eine Vielzahl beeindruckender Artists in petto hat: In puncto Repräsentation von FLINTA*1 hat die dortige Szene jedoch noch Aufholarbeit zu leisten.
Eine Künstlerin, die schon seit einigen Jahren den Boys-Club der niederländischen HipHop- und Rap-Szene aufmischt, ist die 30-jährige Latifah Chafery van Callias aka Latifah (La Diva). Seit 2014 im Game, gehört Latifah mittlerweile zu den wichtigsten Rapperinnen des Landes. Von Beginn an ist sie vor allem bekannt für ihre rohen und on point sitzenden Bars, wie sie zum Beispiel in ihren Freestyles für 101Barz, eine niederländische HipHop-Plattform von BNN, in den Jahren 2015 und 2017 beweist. Zudem rappt und singt Latifah problemlos abwechselnd auf Niederländisch, Englisch und Sranang, einer in Suriname gesprochenen Kreolsprache. Wie talentiert kann ein Mensch eigentlich sein?
Kein Wunder also, dass dieses musikalische Talent nicht unentdeckt blieb und Latifah von 2016 bis 2020 sogar bei dem (!) niederländischen HipHop-Label Top Notch gesignt war. Mittlerweile arbeitet sie allerdings wieder independent. Tatsächlich schreibt Latifah 2017 sogar lokale Rap-Geschichte: Mit ihrem Debütalbum „On my way“ steigt die MC 2017 direkt auf Platz vier der niederländischen Album Top 100 ein – ein Erfolg, der seit 2010 keiner anderen weiblichen Rapperin mehr zuteil wurde.
Aufgewachsen und geboren in Amsterdam-Zuidoost, steht für Latifah bereits in jungen Jahren fest, dass sie rappen will. Inspiriert von Künstler:innen wie Lil Kim, Missy Elliott, Foxy Brown und Nicki Minaj, verbringt sie jede freie Minute damit, ihre Rap- und Writing-Skills zu verbessern. Im zarten Alter von elf Jahren fordert sie die Jungs in ihrer Nachbarschaft zu einem Battle heraus und ist den Kontrahenten zum Teil haushoch überlegen. Unglücklicherweise verkraftete einer der Anwesenden die vermeintliche Pein nicht, von einem „Mädchen“ besiegt worden zu sein, und geht mit einem Messer auf Latifah los. Noch heute zeichnet eine Narbe dieses Angriffs ihr Bein. Doch die Künstlerin hat sich davon nicht unterkriegen lassen. Traurige Wahrheit, aber mit ihrem damalig noch sehr burschikosen Auftreten und dem für Mädchen angeblich so ungewöhnlichen Wunsch, Rapperin werden zu wollen, war Latifah es in ihrer Kindheit und Jugend gewohnt, gemobbt zu werden.
Glück für uns und die Musikwelt, dass diese Queen ihre Energien weiter in die Musik kanalisiert und auf sich selbst konzentriert hat. Mit Hits wie „On my way“ feat. Henkie T & NAVI oder „Avec me“ hat sich Latifah nicht nur eine große Fan-Community aufgebaut, sondern sich auch zahlreiche Male an die Spitze der Charts gekämpft – inklusive Gold- und Platinauszeichnungen.
Bekannt für ihren elektronisch angehauchten Sound mit Autotone-Effekten und karibischen Einflüssen, veröffentlichte Latifah mittlerweile zwei weitere Alben: 2019 „Van een meisje naar een vrouw“ (dt. „Vom Mädchen zur Frau“) sowie 2020 die Platte „Warming up!“ mit Feature-Auftritten von unter anderem Cinco und NAVI. Zweifelsohne ist Latifah als wahre Vorreitern und Powerfrau zu betiteln, die in den letzten Jahren jede noch so große Hürde innerhalb der männerdominierten Rap-Szene der Niederlande gemeistert hat. Shout out für so viel Dopeness. Mijn dames, wie man auf Niederländisch sagen würde, bitte mehr davon!
1 FLINTA*: Hierbei handelt es sich um eine Abkürzung. Sie steht für Frauen (meist spezifisch cis hetero Frauen), Lesben, inter, nichtbinäre, trans- und agender Menschen. Das angehängte Sternchen dient zudem zur Inklusion aller Personen, die sich mit den vorherig genannten Bezeichnungen nicht identifizieren.