Mit Ayben, Kolera, EVA, Notra und Lil Zey hat euch unsere Redaktion schon absolut dope MCs aus der Türkei an die Hand gegeben, um einen kleinen Einblick zu bekommen, was so an der fe*male Front in der dortigen Rap-Szene abgeht. Keine Frage, dass da aber Luft nach oben ist, denn – oh, was für eine Überraschung! – es gibt noch wesentlich mehr türkische Rapperin zu entdecken. Eine, die wir euch nicht länger vorenthalten wollen, ist die wunderbare Leila Aze.
Am 22. August 1997 im Stadtteil Aktaş von Ankara geboren, wächst Leila im Schoße ihrer Familie in einem sehr musikalischen Umfeld auf und saugt schon früh all die lokal typischen Lieder und Melodien auf. Als sie im Teenageralter zum ersten Mal mit Rap-Musik in Kontakt kommt, manifestiert sich ihre musikalische Leidenschaft. Zunächst versucht sich Leila noch eher spielerisch mit ihren Freund:innen an Freestyles, doch schnell steht für sie fest, dass da ein größeres Rap-Talent dahinter steckt und sie dieses verfolgen möchte. Es dauerte jedoch noch ein paar Jahre, bis sie sich traut, ihre ersten Rap-Songs live zu performen.
Wenngleich es als Frau in der türkischen Rap-Szene nach wie vor recht schwer ist, Fuß zu fassen und akzeptiert zu werden, bleiben Leilas Skills und ihr Talent nicht unbemerkt. Im Herbst 2019 veröffentlicht die junge Künstlerin ihre erste offizielle Single „Darlamayın Beni“ über Click Music Records. Die Nummer ist musikalisch vielleicht noch nicht so ausgereift wie Leila Azes jüngere Releases, doch sie zeigt bereits damals auf, wohin die inhaltliche und künstlerische Reise gehen soll. Im Interview mit 365 Female* MCs verrät Leila, dass sie sich selbst als eher melancholischen, grüblerischen Menschen sehe und ihre Musik vor allem davon geprägt sei, bestimmte Lebensinhalte und -erfahrungen zu reflektieren. Für Leila ist Rap ganz klar ein wichtiges Ventil zur Verarbeitung:
I’m a little upset that I’m involved in this because I’ll never be able to quit again. Rap is my biggest addiction!“
Leila Aze im Interview mit 365 Female* MCs
Von ihrer ersten, eher elektronisch beeinflussten Single mit ordentlich Autotune-Einsatz hat sich Leila Aze mittlerweile musikalisch weiterentwickelt. Mit ihrer zweiten Single „Bad Trip“ Ende 2020 legt sie stilistisch wie auch technisch noch einmal eine Schippe drauf – Trap und Drill-Elemente dominieren seitdem zunehmend ihren Sound.
Besonders im Ohr bleiben ihre jüngsten Releases: Allein 2021 hat Leila bereits fünf Singles gedroppt, darunter „Meraklan“ (dt. „Neugierig“) oder auch „Dalavere“ (dt. „Intrigen“). Absoluter Banger ist und bleibt allerdings ihre neuste Single „Ghetto Mama“. Man weiß gar nicht, worüber man als erstes bei diesem Release jubeln und schreiben soll. Am besten step by step: Abgesehen vom krassen Drill-Faktor des Tracks, spittet Leila völlig überraschend ihre Bars nicht nur auf Türkisch, sondern auch auf Deutsch. Kennt man im deutschsprachigen Raum ja schon von dem ein oder anderen halbstarken Rap-Nachwuchs, kommt aber in diesem Kontext doch sehr überraschend und fresh daher. Tatsächlich höre Leila selbst recht viel deutschsprachigen Rap, wie sie uns erzählt, und sei einfach angetan von der Attitüde und Härte, die die Sprache transportieren könne:
German rap reflects the attitude of the ghetto in me and I just feel close.“
Leila Aze im Interview mit 365 Female* MCs
Wie leider bei allen bisherigen Singles von Leila Aze gibt es auch zu „Ghetto Mama“ kein offizielles Musikvideo, dafür aber ein grandioses Single-Cover – wohlgemerkt von Leila selbst designt. Wenn ihr euch also fragt, was kann diese Frau eigentlich nicht, wir wissen es nicht. Checkt auf jeden Fall ihre Artworks auf Instagram @lvartoffiziell aus. Wie schon beim Cover zu „Dalavere“ spielt Leila auch beim „Ghetto Mama“-Design mit Stereotypen und verbindet leicht provokant Tradition mit Moderene: beispielsweise in Form von Niqab tragenden Frauen mit fettem NIKE-Logo auf der Kleidung und auf einem Motorrad posend.
Wir dürfen an dieser Stelle auf jeden Fall schon einmal ein wenig spoilern: Nicht nur, dass wir uns auf offizielle Musikvideos von Leila Aze zu ihren Songs freuen dürfen, ihre erste EP steht mehr oder weniger auch in den Startlöchern und feiert wohl bald Release. In diesem Sinne: Stay tuned!