Die MC aus dem wilden Osten Berlins Mau Mushi fka ROX gibt niemals auf und erfindet sich immer wieder neu. Poetische Texte hat die Lichtenbergerin schon in ihrer Jugend geschrieben, aber erst als sie zusammen mit ihren Freundinnen Ninja und Anarey die Crew Jeneez gründet und sie ihre ersten Songs rappt, wird ihr klar, dass sie genau das tun möchte. Die drei Frauen organisieren erst einmal alles selbst, während sie versuchen, eine Plattenfirma auf sich aufmerksam zu machen. Sie geben Konzerte, produzieren sogar ein Musikvideo zu „Du kennst nicht“ – und tatsächlich interessiert sich bald ein Label für das talentierte Trio.
Doch als es so richtig losgehen soll, beginnt die Bankenkrise und die Plattenfirma zieht ihr Angebot zurück. Als Jeneez auch noch die Festplatte mit den Masters zu ihren Songs verlieren, beschließen die drei, erst einmal getrennte Wege zu gehen.
Bin einer der wenigen Leute, die Techno und HipHop so richtig hart abfeiern, leidenschaftlich.“
Mau Mushi fka ROX
Neue musikalische Inspiration findet Mau Mushi fka ROX in ihrer anderen großen Leidenschaft, dem Techno. Mit ihrem Technoprojekt PHROND spielt sie in den folgenden Jahren immer wieder Live-Gigs. Aber auch dem HipHop bleibt die vielseitige Musikerin treu. Sie featuret Rapper Autodidakt auf seinem 2012 erschienenen Album „Die Jagd“ im Song „Hemmungslos“. Ebenso unterstützt sie SXTN 2017 auf dem Track „Fotzen im Club (Remix)“ und ist auch im zugehörigen Video zu sehen. Später nutzt sie die Erkenntnisse, die sie in ihrer Technoproduktion gewonnen hat, und lässt sie in ihre HipHop-Songs einfließen.
Tatsächlich wollte Mau Mushi fka ROX sich damals mit diesen Tracks endgültig aus der Szene verabschieden, aber nicht, ohne vorher noch einmal ein Ding nach dem Motto „Was ich noch so sagen wollte, die letzten Worte“ rauszuhauen. Es entsteht ein eindrucksvoller, experimenteller und facettenreicher Sound mit fetten Trap-Beats, dessen Einflüsse irgendwo zwischen Berlin, Detroit und Kinshasa zu verorten sind.
Als aber die Tracks im Studio aufgenommen sind und zusätzlich noch ein Video entstanden, bekommt sie Lust, das Ganze wenigstens ein einziges Mal auf der Bühne zu performen. Gelegenheit bietet ihr ein Benefiz-Konzert für Syrien, das die Sängerin der Band Atari Teenage Riot veranstaltet. Das Publikum reagiert begeistert, doch als sie erklärt, dass sie ihre Songs hier gerade das Erste und letzte Mal performt, können die Leute es nicht glauben. Nach ihrem Auftritt kommen Fans auf sie zu und ermutigen sie, doch bitte unbedingt weiterzumachen. Das tut sie zum Glück.
Bald darauf lernt Mau Mushi aka ROX die Jungs von Ostberlin Androgyn kennen. Die laden sie zu einer Jamsession in ihr Studio ein, das sich direkt bei ihr um die Ecke in Lichtenberg befindet. Die Band zeigt sich begeistert von der Musikerin und featuret sie in ihren Songs „Kaputt“ und „Untergrund„. Zudem begleitet Mau Mushi aka ROX die Formation 2018 auf deren erste Festivaltour. Sie spielen unter anderem auf dem Fusion, Dockville oder Bucht der Träumer. 2020 sollte sie eigentlich zusammen mit Ebow auf Tour gehen, doch die Konzerte wurden bis auf eines, das im Oktober 2020 in Bremen stattfand, wegen Corona abgesagt.
Obwohl sie ihr ganzes bisheriges Leben als Musikerin aktiv war, Texte schrieb, immer neue Songs gedroppt hat, gefeaturet wurde, Musikvideos gedreht hat und immer wieder auf Tour gegangen ist, sagt sie, es sei ein langer Weg gewesen, bis sie sich endlich selbst als Musikerin und Künstlerin wahrnehmen konnte.
Mau Mushi fka ROX ist über die Zeit selbstbewusster geworden, auch was die Themen ihrer Songs angeht. An ihnen kann man ablesen, wie sich ihr Wertesystem, aber auch die Zeiten selbst geändert haben. Noch vor zehn Jahren wurde ihr dringend abgeraten, sich als „Ossi“ zu outen oder einen queeren Song, den sie geschrieben hatte, zu veröffentlichen. Heute fühlt sie sich viel freier, sich nun als gereifte und ganze Person ohne Tabus in ihren Songs zu präsentieren. Sie freut sich auch, dass es eine immer größer werdende queere Szene im HipHop gibt, die beispielsweise auch Partys spannender und die ganze Szene diverser und abwechslungsreicher macht. Sie selbst möchte sich keinem Geschlecht zuordnen. So steht das Mau in ihrem Namen für Mann und Frau, Mu-shi kommt aus dem japanischen und bedeutet „Ohne Meister“.
Auf Instagram kündigte sie gerade an, dass sie nun seit 2017 das erste mal wieder ins Studio gehe, um an eigenen Songs zu arbeiten und ein neues Kapitel in ihrer Karriere aufzuschlagen. Es bleibt also spannend und wir können uns darauf freuen, bald eine weitere Facette der Musikerin kennenzulernen.