Feministische Kampfansagen und politischer Widerstand erfüllen den Raum, wenn Miss Bolivia internationale Bühnen betritt, und das inzwischen seit ganzen 16 Jahren. Die Rapperin verschafft sich Gehör auf globaler Ebene und zeigt, dass queerer, intersektionaler Feminismus schon lange kein Randthema mehr darstellt. Ihre Worte kommen direkt, laut und unmissverständlich daher – und das ist auch gut so. Denn der Weg zur Selbstbestimmung von FLINTAs erweist sich in Lateinamerika als leider kein leichter. In ihren Tracks fusioniert die Künstlerin Einflüsse von lateinamerikanischer Cumbia, Rap, Reggaeton und Dancehall.
Am 1. April 1976 wird María Paz Ferreyra in Buenos Aires, Argentinien geboren. Als junge Erwachsene entdeckt sie das Schlagzeugspielen und die Prosa für sich. Durch die große Liebe zum Rhythmus und zum Schreiben sowie ihr wachsendes Interesse an der HipHop-Szene entsteht der Wunsch, ihre Worte in Reime umzuwandeln und diese in eigenen Rap-Texten und Liedern auszudrücken. Neben der Musik absolviert Paz Ferreyra ihr Psychologie-Studium an der Universidad de Buenos Aires, an der sie anschließend als Dozentin arbeitet. In der argentinischen Hauptstadt beginnt 2008 auch ihre musikalische Karriere. 2013 erscheint ihre bis heute erfolgreichste Single „Tomate el Palo“, die ganz Lateinamerika in kürzester Zeit erobert und auf Youtube über 56 Millionen Aufrufe erreicht.
Es folgen zahlreiche Hits, wie „Bien Warrior“, „Se Quema“, „Paren de Matarnos“ oder „Rap para las Madres“, der zum Soundtrack des US-amerikanischen Filmes „Focus“ ernannt wird. Der Kampf gegen patriarchale Strukturen, Faschismus sowie das Beleuchten von sozialen Missständen nehmen schon immer einen bedeutenden Teil in Miss Bolivias Musik ein. Von Beginn an ist die Musikerin öffentlich sehr präsent in der inzwischen transnationalen feministischen Bewegung Ni una menos (dt. „Nicht eine weniger“), die sich gegen die Andokratie, Femizide und für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen einsetzt. Ihre nahbaren Lieder entwickeln sich zur empowernden Stimme von und für kämpferische Frauen sowie FLINTA* und deren Lebensrealitäten: Miss Bolivias erzählen persönliche Geschichten und erreichen damit ein enormes Publikum, das über Generationen hinausgeht. Im Interview mit Tiempo Argentino erzählt die Rapperin selbst:
Soziale Themen ziehen sich immer durch meine Lieder, genauso wie sie sich durch mein Leben ziehen. Ich bemühe mich nicht, diese Inhalte aufzunehmen, denn sie sind natürlich, unvermeidlich, dringlich.“
(Original: „Lo social está atravesando siempre mis canciones, como atraviesa mi vida. No me esfuerzo por meter esos contenidos porque me son naturales, inevitables, urgentes“)
Die Künstlerin veröffentlicht nach sechs Jahren im März diesen Jahres ihr drittes Album „Bestia“ und bringt damit wieder frischen politischen Wind in die argentinische Rap-Szene. In Kollaboration mit diversen Künstler*innen, wie unter anderem Cazzu, Eruca Sativa, Perota Chingó, Loli Molina und Piti Fernández verbindet das in pandemischen Zeiten entstandene Album Rap, Folk, Rock, urbane Cumbia und Romantik miteinander. Im Interview mit Tiempo Argentino spricht die Sängerin darüber, dass das Album vom Alleinsein, vom Sündigen und vom Aufbrechen aus sozialen Zwängen handelt.
Eines macht Miss Bolivias Geschichte jedenfalls deutlich: nämlich dass sich jahrelange Anstrengungen und das Festhalten an politischen Forderungen auszahlen – aber vor allem, dass Musik Veränderungen schaffen kann.