Es ist wie mit vielen Dingen im Leben: Manchmal bedarf es gehöriger Geduld und Ausdauer, um gesellschaftliche Prozesse und Veränderungen in Bewegung zu setzen. Insbesondere wenn es darum geht, patriarchale Strukturen auszuhebeln und Sichtbarkeit für diverse Stimmen und Künstler:innen zu schaffen. In diesem Sinne verhält es sich mit der brasilianischen Rap-Szene nicht anders als mit der deutschen: Auch hier ist in puncto Sichtbarkeit und Akzeptanz von FLINT*-MCs noch einiges an Luft nach oben, aber: Es gibt diese Künstler:innen! Eine der vielversprechenden und talentierten Stimmen aus der LGBTIQ+-Community ist beispielsweise die Rapperin Monna Brutal aus São Paulo.
Bereits seit ihren Kindertagen ist Monna Brutal musikalisch aktiv. Nachdem sie sich mit etwa acht Jahren vor allem für die verschiedenen Tanzstile in den Straßen São Paulos begeistern konnte, wächst ihr Interesse schnell, selbst musizieren und texten zu wollen. Eins kommt glücklicherweise zum anderen. Mit gerade einmal elf, zwölf Jahren findet sich Monna in der in der brasilianischen HipHop- und Rap-Szene bestens integriert wider. Im Jahre 2014, also im zarten Alter von sechzehn oder siebzehn, nimmt Monna Brutal zum ersten Mal an Freestyle-Battles in der brasilianischen Großstadt teil und macht mit ihren aussagekräftigen Rhymes und ihrem krassen Flow auf sich aufmerksam. Zunächst noch ausschließlich als Support für Issa Paz tätig, startet Monna Brutal 2016 ihre Solokarriere. Dabei präsentiert sie sich anfangs noch unter dem Namen TflowMc, wie beispielsweise auf dem Track „A bola da vez“ an der Seite von Omnira, Odisséia das Flores, Jana D’Notria, Juliana Sete, Bruna Muniz, Lilian DuGueto und Cintia Savoli. Nur kurze Zeit später nimmt sie jedoch ihren jetzigen Künstlerinnennamen Monna Brutal an.
Zwischen 2016 und 2018 kommt es zu zahlreichen Kollaborationen (siehe zum Beispiel „Homenagem de Março“ oder „Submarino“), grandioser Cypher-Teilnahmen sowie zahlreicher Veröffentlichungen experimenteller Tracks, wie „Omnire Se“ oder „Diz que não dá“. Im Oktober 2018 folgt das von der Szene und ihren Fans lang erwartete Debütalbum mit dem Titel „9/11“ – neun Tracks voller Energie und musikalischem Statement. Als schwarze Frau rappt Monna Brutal nämlich nicht nur über tagtägliche rassistische Anfeindungen, die ihr widerfahren, sondern sie thematisiert auch ihre Diskriminierungserfahrungen als Transfrau in der Gesellschaft. Dabei geht es ihr nicht nur darum, musikalisch gesellschaftliche Probleme wie Rassismus, Homo- und Transphobie zu kritisieren, sondern vor allem darum, einen Umbruch und ein Umdenken in der brasilianischen Gesellschaft wie auch der HipHop-/Rap-Community herbeizuführen:
Sim, o Rap é transfóbico e machista desde sempre. Isso nunca foi uma novidade, e esse inclusive é um dos motivos de realizar este corre com o Rap. Desde transfobias veladas à transfobias escancaradas, isso é sempre previsível em roles de Hip-Hop, perante ou não de nossa presença. O Hip-Hop contém um grande número de LGBT+FÓBICOS.“1
(„Rap war schon immer transphob und sexistisch. Dies war nie eine Neuheit, und dies ist sogar einer der Gründe für diesen Lauf von Rap. Von verschleierter bis hin zu offensichtlicher Transphobie, dies ist immer vorhersehbar in HipHop-Rollen, mit oder ohne unsere Anwesenheit. HipHop enthält nun mal eine große Anzahl von LGBT+ Phobiker:innen.“)
Sei es auf visueller Ebene in den Videos, beispielsweise zu dem Banger „Dollar Cash“ feat. Tássia Reis (2019) oder ihrem aktuellsten Song „Fight“ (2020), oder aber auf inhaltlicher Ebene: Monna Brutal hat sich nicht ohne Grund zu einer der wichtigsten (Rap-)Stimmen der brasilianischen LGBTQI+-Community entwickelt. Man mag fast meinen, mehr intersektional angetriebener Kampfgeist und Empowerment lasse sich in einem/r Künstler:in nicht vereinen, doch Monna Brutal legt immer noch eine Schippe obendrauf – so auch auf ihrer zweiten Platte „2.0.2.1.“, die sie überraschenderweise Ende Januar droppte. Ob Skillz, Rhymes, Sound, Ästhetik … Monna Brutal ist einfach fe:male Empowerment in bester Rap-Persona.
1 Quelle