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Natascha P.

Natascha P.

Natascha P.

„Geht’s dir gut, Natascha? Heute leider nein,“ antwortet sich Natascha P, die eigentlich Layla und nicht Natascha heißt, in ihrem Song „Bauchschmerzen“ selbst. Wenn man sich Layla Yenirce, also den Menschen hinter der Kunstfigur Natascha P, und ihr Schaffen zwischen Kunsthochschule, Videographie, feministischem und antirassistischen Aktivismus und eben Musik so anschaut, könnte man schnell auf die Idee kommen, Natascha P. mache hochpolitisierte Musik. Wenn dann aber statt politischen Kampfbegriffen vor allem Zeilen wie „Hier kommt Natascha / noch tausend mal krasser / servier mir keine Nudeln, ich will Pasta!“ aus den Boxen poltern, irritiert das schon.

In einem Podcast des Spex-Magazins erklärt die Hamburgerin, was eigentlich hinter Natascha P. steht: Druck abbauen, frei sein, frech sein und einfach machen. Ihren Künstlernamen hat sie dafür zur einen Hälfte einer kecken Jugendfreundin geklaut und zur anderen vom 90er-Popsternchen Oli P. Man merkt: für die schweren Inhalte ist ihr zweites, musikalisches Alter-Ego zuständig – die Noise-Produzentin Rosaceae. Innerhalb der anspruchsvollen Sets letzterer verwurstelt Layla Vocal-Schnipsel mit Synthesizer-Geschrammel und verarbeitet dabei Weltschmerz – ausgelöst von sexualisierter Gewalt, institutionellem Rassismus und dem Genozid am kurdischen Volk. 

Natascha P. dagegen soll vor allem ballern und aus diesem erdrückenden Gemisch ausbrechen. So inszeniert sie sich als drei Meter großen Adler, nur um wenige Sekunden später von einer depressiven Phase eingeholt zu werden. Als positives Gegenstück dazu folgt sogleich die instrumentale Ambient-Nummer „Eigentlich ganz gut“, auf dem der Einfluss von Rosaceaes Produktionen auch bei Natascha P. Einzug hält. Schließlich wird noch der Tod Gottes proklamiert, nur damit Natascha P. leben kann. Und wenn man dann zwischen diesen ganzen Stimmungsschwankungen, Tempowechseln und sprunghaften Lyrics mal wieder Zeit findet, auf die Tracklist zu schauen, fällt auf, dass grade erst die Hälfte von Nataschas aktueller Platte „Adler“ vorbei ist. Will sagen: auch Natascha P.s Musik fordert, grade wenn sonst nur selten der Blick über den 90-bpm-Tellerrand der traditionalistischen HipHop-Szene gehoben wird. 

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Und doch lohnt es sich dranzubleiben, um einen Zugang zu finden in dieses schon sehr einzigartige Fleckchen auf der Landkarte deutschsprachiger Pop-Musik. Viele Songs sind sehr bildhaft komponiert und bauen eine erstaunliche Nähe zur Figur Natascha P. auf. Lässt man sich nun in diese atmosphärischen Produktionen fallen, ergibt auch das Kontrastprogramm aus donnernden Trap-Beats, die nur noch von Nataschas frecher Stimme übertönt werden, deutlich mehr Sinn. Denn: es geht vor allem um Gefühle und Intimität. Geht’s dir gut, Natascha

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