“Mixed chicks, mixed race / Too white, not black enough” – mit ihrer ersten Single veröffentlicht die österreichische Rapperin Nenda im Dezember direkt ein Manifest für alle PoCs. „Mixed Feelings“ wird in ihrer Heimat fast instant zum Hit, erobert die Charts von Österreichs wichtigster Jugendwelle FM4 und bringt die Musikerin, die eigentlich in London als Schauspielerin arbeitet, auf die Rap-Landkarte. Kein Wunder: Nenda rappt pointiert und switcht dabei wie selbstverständlich zwischen Englisch und feinstem Tiroler Dialekt, Ernsthaftigkeit und Witz. Ihre Inspirationsquellen – US-amerikanische und britische MCs wie Little Simz, Noname und Rapsody – hört man ihr an, ohne dass sie sich dem Style ihrer Vorbilder anbiedert.
Nenda wächst im Ötztal auf, umgeben vom beschaulichen Alpenpanorama ebenso wie von Stereotypen und Vorurteilen. Die Frage „Wo kommst du wirklich her?“ begleitet sie ab frühster Kindheit.
Wenn man als ‚mixed race‘ in einem hauptsächlich weißen Land aufwächst, muss man sich immer erklären. Und die Antworten sind nie genug, man fühlt sich nie genug. […] Als Kind versteht man noch nicht, warum man so viele Fragen beantworten muss und woher das kommt. Als Erwachsene habe ich viele Gespräche mit anderen ‚mixed‘ Leuten geführt. Und ich habe das Gespräch mit mir selber angefangen. Immer noch reden mich Leute auf Englisch an, wenn ich durch Innsbruck spaziere. Die Menschen sollen ihr Verhalten reflektieren. […] Warum fragt ihr mich, wo ich herkomme, und Eva nicht? Und warum glaubt ihr mir nicht, wenn ich Tirol sage?“
Nenda im Interview mit dem Franz Magazin
Im Musikvideo zu „Mixed Feelings“ lebt Nenda das österreichische Klischee: idyllische Berge und Wälder, Dirndl, eine Schafherde – nur der Text, der vom Alltagsrassismus in ihrer Heimat berichtet, bricht das Bild. Doch die Künstlerin thematisiert nicht nur ihre Erfahrungen in unserem Nachbarland: Als sie nach ihrer Matura nach London zieht, macht Nenda eine neue Erfahrung: Dort wird sie von der Schwarzen Community als „too white / too weird“ wahrgenommen. Auch dieses Erlebnis mündet letztlich in den Songwriting-Prozess von „Mixed Feelings“.
Nendas Debütsingle liefert das perfekte Beispiel dafür, wie eine Künstlerin aus furchtbaren Erfahrungen etwas Positives, Empowerndes schafft: Zahlreiche andere von Rassismus betroffene Personen schreiben ihr, aber auch Menschen, die ihren eigenen Alltagsrassismus nie wirklich reflektiert haben, beginnen, über ihr Verhalten nachzudenken. Das erzählt Nenda im Interview mit dem Franz Magazin. Auch wenn Nenda ihr Geld aktuell noch primär auf den Theaterbühnen Londons verdient – mit der Musik wird sie weitermachen. So arbeitet sie bereits an weiteren Tracks, in denen sie ebenfalls gesellschaftliche Themen wie Rassismus und Sexismus thematisieren möchte. Diese Rapperin ist angetreten, um die Welt zu verändern – und das ist verdammt gut so!