Für die österreichische Rapperin Nike101 stellt Rap vor allem ein Stilmittel dar, um Widerstand zu leisten und sich selbst so frei ausdrücken zu können, wie sie möchte – ganz ohne darauf hören zu müssen, was andere davon halten. Lange Zeit hat sie sich nicht getraut, selbst an das Mikrofon zu treten. Erst als Künstlerinnen wie Juju oder Antifuchs ihr verdeutlichten, dass Frauen ebenso ihren Platz in der Rap-Welt verdient haben, findet Nike101 den Mut und startet eine Karriere, die vor Selbstbewusstsein nur so strotzt.
Im Interview mit FM4 Soundpark erklärt Nike101, dass ihre Kindheit besonders durch Kontroversen geprägt war: In wohlhabenden Umgebungen gilt sie als ‚asozial‘, in anderen Freundeskreisen bezeichnet man sie als ‚Bonzin‘. Während sie im Jugendalter ihren Platz in der Gesellschaft sucht, entwickelt sie eine Vorliebe für russischen, englischen und deutschen Rap. Neben ihrem Interesse für Battlerap-Formate wie das VBT und JBB knüpft sie auch außerhalb des Internets erste Kontakte in der österreichischen HipHop-Szene, selbst zu rappen, kommt damals aber noch nicht in Frage. Erst mit 18 Jahren ist Nike101 mutig genug, selbst zum Mikrofon zu greifen. Dass das öffentliche Sprechen zu ihren Stärken gehört, beweist sie regelmäßig als Moderatorin beim Satire-Kanal Thug Life Austria. Trotz ihrer Liebe für die Sache an sich braucht es einige Zeit, bis aus den eher spaßigen Rap-Versuchen der Glaube an eine ernstzunehmende Karriere als Rapperin wird.
Der YouTube-Account von Nike101 wird am 30. Januar 2020 erstellt, nur drei Tage später erscheint dort mit „PLATZ EIN“ feat. HoneyC. ihre erste Single. Auf dem Trap-Instrumental mit dominanten Snares präsentiert Nike101 sich als unabhängige, starke Persönlichkeit, vor der sich die Rap-Welt besser in Acht nehmen sollte – nicht nur trotz, sondern vielleicht gerade wegen ihres Geschlechts.
Schon immer sagte Mama
– Lyrics „PLATZ EIN“
Nike, du wirst mal ein Star
Und wenn dich jemand schlägt, dann schlag zurück
Und das viel härter, ja?
Jetzt sind die Mädchen in der Stadt
Und wir nehmen deinen Platz ein“
Ob auf tanzbaren Sounds oder modernen (T)rap-Instrumentals: Auch ihre folgenden Veröffentlichungen inszenieren Nike101 als unaufhaltsame Newcomerin, die sich den Mund nicht von Männern oder irgendwelchen Erwartungshaltungen der Szene verbieten lässt. Unterstützt wird sie bei all dem vom Wiener Plattenlabel FuturesFuture, das in der Vergangenheit auch schon mit Künstlerinnen wie Gazal und Sookee arbeitete. So birgt das Label für Nike101 nicht nur Unterstützung, sondern auch Kontakte: Erst im Oktober 2022 erscheint ein Featurepart von Nike auf dem neusten Album von Gazal und auch sonst scheint eine große Liebe für Zusammenarbeiten vorhanden zu sein. Immer wieder kollaboriert Nike101 mit anderen Künstlerinnen, beispielsweise Mary404 oder Dinka Maximus, und sorgt damit für einen künstlerischen Austausch, der nicht nur ihre eigenen Songs, sondern auch die Releases der Branche-Kolleginnen bereichert.
Dass Nike101 sich dabei musikalisch weiterentwickelt, wird schon in ihren wenigen Single-Releases deutlich. Auch wenn die Attitüde von Beginn an stimmt, arbeitet sie hörbar an Technik sowie Stimme und sorgt dafür, dass jeder neue Song noch etwas mehr überzeugen kann, als der vorherige. Die Stimmperformance ist gekonnt, die Beats einprägsam und ihre Worte vor allem eines: frech.