„I’m a force of nature, coming right at ya like a hurricane”, rappt Nikoline in ihrer 2019 releasten Single “Sabotage” und bringt ihre Rolle in der Musiklandschaft ihrer Heimat Dänemark damit gekonnt auf den Punkt: Seit sie im März 2017 ihre Debüt-Single „Taesk til alle“ veröffentlichte, wagt sie den Spagat zwischen Kontroverse und Everybody’s Darling. Mit ihren politischen und sozialkritischen Songs wie „Flertallet Er Dumme“ (dt. „Die Mehrheit ist dumm“) macht sich die Musikerin nicht nur Freunde, und das sowohl in politischen Kreisen als auch beim Internet-Holger von nebenan. Nikoline lässt sich davon aber nicht abbringen und wird immer nur noch lauter, noch schriller. Auf der Bühne flankieren sie nackte Twerkerinnen und Gestalten in skurril-flauschigen Kostümen. Dazu gibt es Beats, die irgendwo zwischen Gangsta-Rap und Eurodance einzuordnen sind.
Doch es hätte auch anders kommen können: Zunächst studierte Nikoline nämlich Physik (warum tut man sowas?) und klassische Gitarre am süddänischen Musikkonservatorium sowie am Royal College of Music in London. Erstmals auf den Radar der dänischen Musikszene gelangte sie als Teil der aufgedrehten Indiepop-Nummer Swoosh. Damals sang Nikoline noch – natürlich – über Sex. Diesem Thema ist sie auch als Rapperin treu geblieben. Ihr größter Hit „Sut Min Klit“ bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie „Lutsch meinen Kitzler“. Er nimmt Misogynie und Sexismus auseinander, übt parallel dazu aber auch radikale Religionskritik, vor allem am Islam und am Christentum. Der Song schlug Wellen, führte wochenlang die Streaming-Charts an und war auf dem Soundtrack der Komödie „Ditte & Louise“ zu hören.
Als Auslöser für ihre Rap-Karriere nennt Nikoline ihre Wut auf „korrupte Politiker, verwöhnte Top-Führungskräfte und geschlechtsspezifische Ungleichheiten“. „Im Rap kann man die meisten Wörter pro Sekunde sagen, und ich wollte so viel [gegen die Missstände, Anm. d. Red.] tun, dass dies die rationale Erklärung dafür ist, warum ich angefangen habe“, fasst die Künstlerin ihre Motivation in einem Interview mit dem dänischen Online-Magazin ALT zusammen. Die Beteiligung an Debatten reiche demnach nicht aus, um die Leute bei solchen Themen emotional zu erreichen. Damit trifft die Rapperin offenbar einen Nerv in ihrer Heimat. Vielleicht braucht die Welt gerade mehr Nikolines, die ihr schonungslos den Spiegel vorhalten.