Nora OG heißt auch im echten Leben Nora, ist 27 Jahre alt und kommt aus einer Dortmunder Vorstadt. Dort ist sie mit Reggae aufgewachsen, von daher rühren die Reggaeton-Einflüsse und Afrobeats, die in ihren Songs zu hören sind. Bevor Nora anfing zu rappen, war sie „immer die Sängerin an der Schule.“ In der fünften Klasse ging es im Oberstufenchor los, einer ihrer Lehrer erkannte ihr Talent und pushte sie. Dazu kam Gesangsunterricht. Ihr Gesangslehrer meinte irgendwann zu ihr: „Boah, Nora, du kannst singen, ich habe keinen Bock mehr, mit dir zu singen. Lass uns irgendwas anderes machen.“ So fing es bei Nora mit einem Lauryn Hill-Cover mit dem Rappen an.
Gesang und Rap sind für sie immer noch gleichermaßen wichtig, das eine lässt sich vom anderen für sie nicht trennen. Beim Rappen kommt sie sich selbst näher, „mit dicken Eierstöcken, ich fühle mich da.“ Rap wurde also immer mehr zu einem Teil von ihr. Die Frage nach ihren Top-drei-Künstler:innen kann sie nur schwer beantworten. Als aktuelle Inspiration nennt Nora vor allem badmómzjay. Aber die Einflüsse sind sehr verschieden, denn „jeder hat irgendwas anderes, was er mir geben kann“. Das geht von Rihannas Attitüde über Lauryn Hills Flow bis hin zu Marteria mit „seiner kranken Live-Performance“.
In Osnabrück hat sie Popgesang im Bachelor studiert: „Da habe ich mich krass weiterentwickelt und konnte voll meine Künstleridentität finden.“ Seit 2015 gibt es das Projekt Nora OG. Der Name entstand mehr oder weniger durch Zufall. Eigentlich singt sie in einem ihrer Tracks nämlich „Nova OG“, also den Namen einer Kushsorte. Im Publikum verstanden aber alle „Nora OG“, und „aus der Nummer kam [sie] dann nicht mehr so wirklich raus.“
Danach kam sie mit diesem „Baby“, wie sie es nennt, an die Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim und macht dort aktuell den Master zum Performing Artist. Ihre Musik zeichnet vor allem aus, dass Nora mit einem gesunden Maß an Ironie und Power an ihre Texte herangeht. Sie möchte sich außerdem von Schönheitsidealen distanzieren: „Ich habe mir meine Haare abrasiert, und das ist auch ein Statement für mich gewesen. Seitdem ich das getan habe, fühle ich mich viel mehr wie ich selbst.“
Für Nora lebt ihre Musik von Liveauftritten. Wo sie hinwill? „Auf der Bühne stehen, Festivals zocken, und dabei einen dicken Joint in der Hand!“ 2020 wäre sie mit ihrer Band eigentlich auf dem Juicy Beats-Festival aufgetreten, das dann aber aufgrund der Pandemie abgesagt werden musste. Ihre Träume hinsichtlich ihrer Live-Meilensteine bewahrt sie sich aber. Einer davon: den Support-Act von Seeed zu spielen. „Diese Träume halten uns gerade am Leben. Das alles, was wir an Arbeit da reinstecken, muss sich irgendwann bezahlt machen.“
Über persönliche Themen zu schreiben, fiel ihr lange schwer. Aber die Songs, die Nora zuletzt gemacht hat, „zeigen [ihre] Narben“, und sie sei sehr, sehr aufgeregt, sie zu releasen. Gleichzeitig findet sie, es sei an der Zeit, sich ihrem Publikum zu öffnen: „Ich habe keine Angst mehr davor, jemandem diese Seite von mir zu zeigen.“ In Zukunft dürfen wir uns also auf melancholischere, nostalgischere, deepere Tracks freuen.
Die Tatsache, dass es weiblich gelesene Personen im Rapgame schwerer haben als männlich gelesene, nimmt Nora zur Kenntnis. „Ich weiß es, und irgendwie löst das in mir mehr Ehrgeiz aus.“ Sie findet, Frauen* sollten sich niemals klein machen. „Aufs Maul! Sag‘, was du denkst und steck‘ dich nicht zurück! Schätz‘ dich selber wert!“ Was Emanzipation in allen Bereichen der Gesellschaft angeht, denkt Nora OG weniger an sich und mehr an das große Ganze. „Sexismus in der Musikszene ist krank am Start, da brauchen wir gar nicht drüber reden.“ Aber sich darauf zu fokussieren, würde nur Kraft rauben. Die investiert sie lieber in den Kampf um ihre Erfolge. „Manchmal liebe ich es, unterschätzt zu werden. Weil ich mir dann denke: Warte ab, Karma kommt!“