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Notra

Notra

Seit 2018 tritt Notra mit Selfies, dem Mantra „Lebe für dich selbst“ und einigen Songankündigungen auf Instagram in Erscheinung. Ihre aktuellste Auskopplung ist das Feature „K.O.F“ auf dem gerade erschienenen Album „Banliyo“ des Musikers Can Göksel. Größtenteils klingen die Kommentare unter Notras Videos, soweit ich das überhaupt beurteilen kann, lobend und begeistert. Die sehr schnellen Flows und ihre treibende Stimme erreichen mein musikalisches Herz mit nur wenigen Takten. Die Tiefen der Lyrics bleiben mir leider verschlossen, weil ich kein Türkisch spreche.

Die junge Rapperin aus Istanbul scheint in der Untergrundszene bekannt zu sein. Ihre Songcover-Artworks, eins zeigt sie selbst im Kindesalter mit dem ausgestreckten Mittelfinger, verweisen auf eine punkige Attitüde. Die Soundbilder bewegen sich zwischen oldschooligen Flows, Drill-ligen Einflüssen und Dubstep. Die Textzeilen wirken oft wütend und anklagend.

Mit dem Rapper Knock Out verbindet Notra der Track „ILK FASIL“ (dt.: erstes Kapitel). Er produzierte auch Notras gemeinsamen Track mit der Rapperin Forte, „Eyya gezegen“ (dt.: „Oh Planet“), und außerdem „Deney“ (dt.: Experiment). In „ILK FASIL“ thematisiert Notra festgefahrene Strukturen, da diese abstumpfen. Man solle sich nicht von Oberflächlichkeiten manipulieren lassen. Sowohl Notra als auch Knock Out ziehen Kraft aus Rap. Denn dieser werde immer bleiben, so sehr die Welt auch den Bach runtergeht. Obwohl Notra durchaus kritische Töne anschlägt, wirkt ihre Repräsentation fatalistisch. Zumindest interpretiere ich nach der Sichtung ihres Instagram-Accounts eine hinterfragende Perspektive in die Lyrics. Auch ein paar Versuche mit einschlägigen Übersetzungsmaschinen bestätigen meine Annahme. Notra bewegt sich auf ihren Fotos, Songcovern und Captions zwischen der irdischen Welt und dem, das danach kommt und darüber steht. Sie zeichnet eine düstere, Horrorcore-vibige Atmosphäre, die sich stets auf den Abschied vorbereitet. Leider bemüht Notra in der Hook des Tracks „Die“ mehrfach das N-Wort. An dieser Stelle wäre eine Reflexion der systematischen weltweiten Unterdrückung Schwarzer Menschen konsequent. Ungleichheiten ausgerechnet symbolisch mit dem N-Wort zu fassen, verwischt die tatsächliche existierende rassistische Gewalt.

Darüber und um zu überprüfen, wie zutreffend meine Eindrücke ihre Kunst beschreiben, würde ich gern mehr in einem Gespräch herausfinden. Vielleicht ergibt sich diese Möglichkeit im Rahmen von 365 female* MCs eines Tages.

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