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Queen Omega

Queen Omega

Bevor irgendjemand zu einer Beschwerde ansetzt, bei Queen Omega handle es sich ja wohl kaum um eine Rapperin, gucken wir uns alle zusammen ein Video an, das vor einem Vierteljahr viral ging:

29 Millionen Aufrufe verzeichnet dieser Clip nach drei Monaten. Für das Nischengenre Reggae eine schier unfassbare Zahl, und jeder einzelne Klick erscheint gerechtfertigt, angesichts der schieren Urgewalt, die diese Frau am Mikrofon da über einen Riddim des schweizerischen Little Lion Soundsystems hinwegbranden lässt. Klar, eine Rapperin ist das nicht, wohl aber eine MC, eine leibhaftige Mastress of Ceremony.

Wie wird eine so? Religiöse Menschen, zu denen Queen Omega als bekennende Rastafari-Anhängerin zählt, würden von gottgegebenem Talent sprechen. Starke weibliche Vorbilder schaden aber auch nicht, wie der Lebensweg dieser Künstlerin zeigt: Jeneile Osbourne, geboren Anfang der 1980er Jahre in San Fernando auf Trinidad, wächst umgeben von beeindruckenden Frauenstimmen auf. In ihrem sehr musikbegeisterten Elternhaus laufen neben der traditionellen Musik der Insel auch Jazz und jede Menge Soul. Whitney Houston hinterlässt mächtig Eindruck, Anita Baker und natürlich die Queen, Aretha Franklin. Jeneile beginnt, ihnen nachzueifern und zu singen, ihre Texte schreibt sie auch gleich selbst. Reggae und, ja, auch Rap kommen allerdings erst später. Zunächst schlägt sie der auf Trinidad sehr populäre Calypso in ihren Bann.

Eine weitere starke Frau bringt den Stein aber erst so richtig ins Rollen: Ihre Mutter, die die musikalischen Ambitionen ihrer Tochter von Beginn an unterstützt, ermutigt die gerade einmal Neunjährige, bei lokalen Talentshows aufzutreten. Jeneile räumt ab und gewinnt ihre ersten Fans. Wenig später singt sie bereits in unterschiedlichen Calypso- und Soca-Bands. Produzent Kenny Phillips, in der Soca-Szene tief verwurzelt, nimmt sie unter seine Fittiche und beschert ihr Jobs als Background-Sängerin.

Dass eine Macht wie Queen Omega, wie sich Jeneile bald nennt, nicht lange im Hintergrund bleibt, versteht sich eigentlich von selbst. So richtig ins Rampenlicht tritt sie aber erst nach ihrem Stilwechsel. Nachdem sie zum Rastafari-Glauben gefunden hat, blühen auch ihre Songwritingskills auf. Im Reggae, insbesondere im Roots-Reggae findet sie ihre Berufung. Bei einem Trip nach Jamaika mit ihrer damaligen Band knüpft sie einen wichtigen Kontakt: Sie lernt Mickey D kennen, der sie auf seinem Label Green House Family unterbringt. Dafür zieht Queen Omega um die Jahrtausendwende nach London.

Erstmals macht sie hier richtige Plattenaufnahmen: 2001 erscheint ihr selbstbetiteltes Debütalbum „Pure Love“, und das von der Kritik besonders gefeierte „Away From Babylon“ folgt zwei beziehungsweise drei Jahre später. Queen Omega spielt in der Folge auf internationalen Festivals und tourt quasi rund um den Globus. Die Bekanntschaften, die sie unterwegs macht, tragen häufig musikalische Früchte. Queen Omega kollaboriert mit Kolleg:innen aus aller Welt, darunter Superstars wie Buju Banton. Für den Durchbruch in den Mainstream sorgte allerdings ein Soundsystem aus dem eidgenössischen Genf: Auf einem Riddim aus dem Hause Little Lion Sound ritt Queen Omega, wir haben es eingangs gesehen, zu Internet-Ruhm.

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Es überrascht nicht, zu hören, dass Musik für Queen Omega stets eine spirituelle Komponente und obendrein etwas Befreiendes hat. Ihre Botschaft verkündet sie auf ihrer Homepage:

Music is a channel, a gateway to mental and emotional freedom. It is through conscious music we learnt the need to express ourselves, talk out, shattering the walls of silence. I would love to know that I left a legacy allowing the people who listen my music to be totally free in mind, body and spirit.“

– Queen Omega auf ihrer Homepage

Sie klingt aber auch aus jeder ihrer kraftvoll in den Äther geschmetterten Zeilen. Wenn diese Frau keine MC ist, wer dann?

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