Wer dieses Jahr rund um Leipzig Demos, Festivals oder andere Kulturveranstaltungen besuchte, hatte eventuell bereits das Glück, RADIKKALI live gesehen zu haben. Neben Künstler:innen wie Ebow, OG Keemo oder Die P, durfte eben dieser beispielsweise auf dem Beatz im Block Festival in Leipzig innerhalb eines Contests auftreten und belegte dabei gemeinsam mit der Künstlerin serenadeyou den ersten Platz. Dennoch mag der Name RADIKKALI bislang wohl den wenigsten Leuten ein Begriff sein. Mit einer derzeit noch überschaubaren Zahl von 67 monatlichen Spotify-Hörer:innen gehört dieser eindeutig zu den noch unbekannteren Künstler:innen in Deutschland, was ihn jedoch auf keinen Fall weniger interessant macht.
Bereits früh hat der Rapper das Texteschreiben für sich entdeckt und nutzte dies als Ventil für sich. Darauf folgten schnell die ersten Liveauftritte, damals noch aus zusammengestellten Sets mit Beats und Tracks von YouTube. Einige Zeit später lernte er die Leipziger Rapcrew Anonyme Spitter kennen. Gemeinsam produzierten und freestyleten sie daraufhin und planten weitere Auftritte.
Doch RADIKKALIs Musik sollte nicht nur innerhalb des Kollektivs wahrgenommen werden. „Radikal Rap“ nennt es der Leipziger Untergrundrapper in seinem Instagram-Profil und beschreibt seinen Sound und den Inhalt seiner Musik damit ziemlich gut. Der als Frau sozialisierte, migrantische Künstler spricht aufgrund seiner eigenen Lebensrealität vor allem gesellschaftskritische Themen an. Dazu zählen Sexismus, Diskriminierung, strukturelle Gewalt unterschiedlichen Hintergrundes sowie Kritik an Klassenverhältnissen:
Wir sind am Ende. Tausende Jahre des hierarchischen Verfalls. Es waren viele
RADIKKALI – „Gegenschlag“
Hände, die sich gekrallt haben, was die anderen vermissten, und es heut‘ als ihre Gaben wieder runterschicken.“
Wichtig ist es für ihn trotz dieser Themen seine Musik für jede:n zugänglich zu gestalten. Im Mai 2021 veröffentlichte RADIKKALI sein erstes Album mit dem Titel „Resilienz“. Darin beschreibt der Rapper die Gabe psychischer Widerstandskraft und die Fertigkeit, schwere Lebenssituation zu meistern, ohne ohne anhaltenden Schaden zu nehmen. Inhaltlich thematisiert er in seiner Musik neben politischen Fragestellungen den Selbstfindungsprozess, der besonders auf eine Form von Selbstermächtigung abzielt. Dabei schreckt er nicht vor einem klaren und direkten Storytelling zurück. Seine Musik prägen vor allem Künstlerinnen wie Lena Stöhrfaktor oder Lauryn Hill. Mit seiner prägnanten Stimme rappt RADIKKALI über rauen und düsteren BoomBap ebenso wie über Trapbeats und bedient sich damit unterschiedlicher stilistischer Mittel.
Selbst beschreibt er einen Großteil seiner Musik als „Horror-Rap“, als Künstler ist es ihm dennoch wichtig, sich nicht in Kategorien einordnen zu lassen, sondern sich, im Gegenteil, vielseitig auszuprobieren. Das hört man auch. In Zukunft plant er, weiterhin mit seinem Sound zu experimentieren, unter anderem mit Screamo-Trap. Wir können also auf die nächsten Releases des Leipzigers gespannt sein.
Update September 2022: Das Portrait wurde aufgrund einer Namensänderung angepasst.
Super Beitrag – danke!