Britische Girlpower gibt es nicht erst seit den Neunzigerjahren. Schon in den Achtzigern schafften es die She Rockers nicht nur in der britischen Rapszene Fuß zu fassen, sondern auch internationale Aufmerksamkeit zu erlangen.
Die She Rockers bestanden ursprünglich aus den Mitgliedern Donna McConnell und Alison Clarkson, in wechselnder Besetzung mit Antonia Jolly und später Dupe Fagbesa. Alles begann mit Donna und Alison, die sich als Jugendliche über Umwege kennengelernt hatten und ein Hobby miteinander teilten: HipHop. Dazu gehörte das gemeinsame Musikhören (darunter RUN DMC und LL Cool J), eigene Raptexte schreiben, Graffiti und Tagging, Breakdance, Streetwear, sowie in den Clubs und auf Konzerten feiern zu gehen. In dem sie die Clubszene kennenlernten, erschlossen sie sich, ohne es zu ahnen, ein Netzwerk, welches ihnen später zugutekam.
Ein Konzert hatte dabei wohl den größten Impact auf Donna und Alison: Das Salt-n-Pepa-Konzert in Londons legendärem Astoria Theatre. Nach dem Konzert schlichen sich die beiden Backstage, trafen ihre Idole und entschlossen sich, selbst eine weibliche Rap Crew zu werden. Damals hatte sich Donna bereits einen MC-Namen für sich überlegt: She-Rock. Inspiriert wurde der Name unter anderen von dem Rapper T La Rock, sowie der Vorstellung „female rocking the mic“, als auch der kurvigen Comic-Figur She-Ra. Für die Band wurde aus She-Rock also She Rockers, eigentlich nur als provisorischer Name, bis die Band einen eigenen Bandnamen gefunden hatte. Dazu kam es aber nie, so dass die Gruppe als die She Rockers bekannt wurden.
Wie viele Artists ihrer Zeit waren auch sie vom US-Rap inspiriert. Public Enemy spielten in ihrer Erfolgsgeschichte eine besonders große Rolle: Als Donna zum ersten Mal ein Public Enemy-Tape hörte, wollte sie die Crew unbedingt kennenlernen. Kurze Zeit später lernten sie und Alison über die Londoner Clubszene Def Jam-Mitbegründer Russel Simmons kennen, der sie wiederum auf das anstehende Public Enemy-Konzert in London einlud. Nach dem Konzert wollten die Girls und einige ihrer Freunde Public Enemy persönlich treffen, weswegen sie anschließend vor dem Hilton Hotel auf sie warteten – leider ohne Erfolg. Daher machten sie einen Abstecher zum nächstgelegenen McDonald‘s. Dort saßen dann Public Enemy und ihr Spokesman Professor Griff. Die She Rockers nutzten die Chance, rappten vor der Crew, wurden so entdeckt und damit zu Schützlingen von Griff. Kurze Zeit später ließ er sie nach Long Island einfliegen. Sie spielten ein paar Shows in New York und arbeiteten gemeinsam mit ihm an Songs, darunter auch „Give It A Rest“ (1988).
Zurück im Vereinigten Königreich verließ Alison Clarkson vorerst die Gruppe, so dass Donna und Antonia die She Rockers fortführten. Mit der neuen Besetzung veränderte sich auch ihr musikalischer Style in Richtung Cultured HipHouse, wie z.B. bei „Jam it Jam“ (1989), das Platz 58 der UK-Charts belegte, oder auch „Do Dat Dance“ (1990). Die Mischung aus Pop, Dance und Rap machte somit auch Einzug auf ihrem Debütalbum „She Rockers – Rockers from London“ (1990). In ihren Texten waren sie mal humorvoll, aber auch mal kritisch wie z.B. bei „How Sweet It is“. In dem Song geht es beispielsweise darum, wie Gewalt bei Hip-Hop Konzerten im Vergleich zu anderen Veranstaltungen übermäßig dargestellt werde. Insgesamt wollten die She Rockers viel stärker als Hardcore-Rap-Gruppe wie z.B. Public Enemy wahrgenommen werden. Ihr Label gestand ihnen dies jedoch nicht zu.
Auch wenn die Karriere der She Rockers verhältnismäßig kurz war, stellen sie als britische female Rap Crew mit einer ordentlichen Ladung Female Power im HipHop-Kontext eine Ausnahme dar. Sie brachten nicht nur britischen Flavor nach New York, sondern auch US-amerikanische HipHop-Fashion nach London. Wie ihre musikalischen Vorbilder trugen sie Baseballjacken, Snapbacks, Adidas high-top Sneakers und große Ohrringe. Sie mischten US-Brands mit europäischen Marken und beeinflussten so den Londoner Streetstyle.