„Ich bin zu kritisch gegenüber mir selbst“, beginnt die österreichische Rapperin Spilif ihren Song „Die Summe“ mit ihrem Haus- und Hof-Producer Rudi Montaire. Das Duo bringt ordentlich Oldschool-Vibes zurück in die deutschsprachige HipHop-Szene, und die kommen nicht von ungefähr: Schon früh konvertiert Spilif zum Vollzeit-Blumentopf-Nerd, pumpt zudem Deutschrap-Legenden wie EinsZwo, Creme Fresh, Samy Deluxe, Sabrina Setlur und Fiva. Der Weg zum Mic ist spätestens dann kurz, als in ihrem Freundkreis immer mehr Leute anfangen, aufzulegen, zu rappen und Jams zu organisieren. Schnell findet sich Spilif bei Freestylesessions und Cypherrunden wieder und wagt um 2013 herum erste Schritte als MC, zunächst als Teil der Kombo Tiefsinntaucher. Für die Innsbruckerin ist der Griff zum Mikrofon ein logischer Schritt: „Dieses Genre bietet die größte zu besprechende Soundfläche. Ich war immer schon sehr an Sprache, deren Verwendung und Wirkung interessiert“, verrät sie uns in einem Kurzinterview. Dazu gleiche das Schreiben einer Therapie.
Dennoch folgt auf ihre ersten Gehversuche als Rapperin zunächst eine längere Pause. Vor ein paar Jahren läuft Spilif, deren rückwärtsgeschriebener Nachname ihren Künstlerinnennamen ergibt, auf einem Konzert Rudi Montaire über den Weg. Nach anfänglichem Connecten bildet sie eine Crew mit dem Münchener Produzenten, die gelegentlich die prägnante Stimme von Soulsängerin Mary.M.High ergänzt. Das Rezept des Trios: warme Beats mit Soul- und Jazzsamples, die mit Spilifs introspektiven Texten eine delikate Mixtur geben, an der Golden-Era-Heads ihre wahre Freude haben. All das fließt in ihre im Februar veröffentlichte Debüt-LP „Das Leben tarnt sich nur als Schnitzeljagd“ ein. Den Titel übernimmt Spilif kurzerhand von einer Redewendung ihrer Mutter und verteilt damit nicht nur auf ihrem emotionalen Song „Mama“ Props.
HipHop ist für Spilif kein Genre, sondern eine Lebenseinstellung. Entsprechend kritisch sieht sie den Rap-Zeitgeist: „Die chartdominierdenen Rapper haben seit einer gefühlten Ewigkeit dieselbe Message – ich bin nur noch gelangweilt. Die Millionen Kids, die das streamen, sind das aber offenbar noch nicht. Über die Vorbildfunktion im Bereich der Kunst lässt sich natürlich streiten. Wir müssen das Genre und vor allem die jungen Fans endlich davon wegbringen, dass Autos, Schmuck, Designerkleidung oder Klickzahlen die zu erreichenden Ziele sind. Es muss der eigene Seelenfrieden sein – und den erreicht man nicht durch Gucci.“ Spilif bietet deshalb einen wunderbaren Gegenentwurf zum Status Quo im deutschen HipHop – allein, weil sie keine Angst davor hat, ihre eigenen Niederlagen in Songs zu thematisieren. Wir können es kaum erwarten, der musikalischen Schnitzeljagd dieser Rapperin weiter zu folgen.