Hört man den Klängen und den Beats von Telmary Diaz zu, hat man direkt das Gefühl, inmitten der Straßen von Kuba zu stehen. Mit ihrem Spitznamen „Telmary“ ist sie eine der repräsentativsten Künstlerinnen* der dortigen alternativen Musikszene. Ihre Reime zeichnet eine seltene Mischung aus verschiedensten Stilen aus, wie zum Beispiel dem kubanischen Repentismo oder diversen Einflüssen aus Brooklyn.
Ihre kubanischen Wurzeln sind der Rapperin sehr wichtig. Wie viele andere Künstler:innen aus Kuba, will sie die musikalischen Traditionen des Landes aufrecht erhalten. Dazu vereint sie Rumba und Son Cubano mit Genres wie HipHop, Funk und Jazz. Im Interview mit NPR erklärt Telmary, dass das gar nichts Außergewöhnliches sei. „Man findet in Kuba so viele verschiedene Arten von Musik. Auch wenn jeder denkt, dass Kuba nur aus Salsa oder Timba besteht, gibt es auch eine Menge verschiedener Bewegungen mit Rock und Punk. Jeder ist also die ganze Zeit offen für neue Musik.” In der kubanischen Musik wird aus den unterschiedlichsten Stilen ein neues Ganzes geschaffen. Zu sehen ist das zum Beispiel im Song „Und Habana Queen Danza”.
Schon früh wollte Telmary Diaz in die Fußstapfen ihrer Mutter treten: Diese arbeitete als Journalistin. Doch nach einem Auftritt auf einem Poetry-Slam entschied die Tochter sich für einen anderen Lebensweg. Mit Rap kann sie ihre Botschaften auf eine Art und Weise ausdrücken, die sie über puren Journalismus nicht erreichen würde. Denn passend zu ihren international geprägten Beats schreibt Telmary Diaz kraftvolle und rasante Verse, doch auch ein langsamerer und entspannterer Stil ist in ihrer Musik zu erkennen. „Eine Sache, die ich an der HipHop-Bewegung nicht mochte, ist, dass alle erwarten, dass Frauen so aggressiv rappen wie sie. Also was soll das? Ich benutze meine Sprache, ich benutze meinen weichen Teil, um zu kommunizieren und zu provozieren, um meine Gefühle zu vermitteln.“ Ihre so emotionalen und fast lyrischen Texte bescherten ihr gleich mehrere Spitznamen: Von „jazz-poet” bis hin zu „the sorceress of the word” oder ihrem Liebling: „street poetess”.
It’s not easy in Cuba for women to make HipHop, so for me to make an original HipHop, a Cuban HipHop, I think you have to reach in your roots. You have to keep your roots. You have to try to bring to your music the feeling of your ancestors.”
Telmary Diaz im Interview mit NPR
In den meisten HipHop-Gemeinschaften sind weibliche Rapperinnen* stark in der Unterzahl, das ist auch in der kubanischen Szene nicht anders. Telmary Diaz hat es geschafft, sich trotzdem einen Namen zu machen: Im Jahr 1999 startet die Rapperin ihre Karriere mit der Gruppe Free Hole Negro, zusammen mit Künstlern wie Papo, Leo und Lester. Sie tritt als erste Frau der Havanna-Underground-Szene auf, und schnell stellt sich bei ihr Erfolg ein. Das Album „Superfinos Negros” der Band erhält 2006 den Cubadisco Award. 2007 und 2014 erhält Telmary Diaz die gleiche Auszeichnung für beide ihrer Soloalben. Mit ihrem Erfolg wurde sie eine Art Botschafterin der kubanischen Kultur und ist mittlerweile international bekannt. Anfang 2021 brachte die 44-Jährige ihr inzwischen fünftes Solo-Album heraus. Ob „Maradentro” oder die neue Single „Quién Te Mandó” ebenfalls mit einem weiteren Award ausgezeichnet werden, bleibt abzuwarten.