In der Underground-Szene gilt sie schon seit Jahren als Ikone, nun ist sie auf dem Vormarsch, auch den Mainstream einzunehmen: Die selbsternannte Fetisch-Rapperin Tommy Genesis aus Kanada versteht sich als Sprachrohr der Generation Z und strotzt nur so vor Sexpositivität und Selbstbewusstsein.
Genesis Yasmine Mohanraj, so Tommy Genesis‚ bürgerlicher Name, wächst als Kind schwedischer und tamilischer Eltern in Vancouver auf und beginnt bereits mit zehn Jahren, ihre eigenen Songs zu schreiben. Dass sie später einmal rappen wird, war anfangs noch nicht so klar. Tommy widmet sich zunächst der Kunst und studiert Bildhauerei und Film. Über Kurse zu Musikproduktion und -aufnahme, kommt sie wieder zur Musik und spielt in einigen Punkrock-Bands, bevor sie sich dem HipHop-Duo Moan anschließt.
2013 fängt sie an, als Teil des Projekts G3NESIS zu rappen und Songs aufzunehmen. Einer dieser Tracks landet bei Father, Gründer des Indie-Rap-Labels Awful Records. Er lädt sie zu Aufnahmen ins Studio ein, dabei entsteht ihr Mixtape „World Vision“, das im Juli 2015 erscheint.
Ihre Musik labelt sie selbst als Fetish-Rap und kreiert somit ihr eigenes Genre, das sich wiederum nicht ganz klar einer oder mehreren Soundrichtungen zuordnen lässt. Was aber Fetish-Rap für sie bedeutet, erklärt sie folgendermaßen:
I have a lot of fetishes and often feel that girls in the spotlight are fetisihized, so by calling it ‚fetish rap‘ I’m letting everyone know that I’m aware. I’m aware that I’m being explicit, aware that you’re sexualizing me, aware that you’re objectifying me. But also, it’s just a cute term. Almost like an erotica novel became a rapper.“
Im Interview mit Ssense
Sie betont dabei auch, dass sie mit ihrer Musik nicht alle anspreche, aber hoffe, dass sie mit ihrer Musik ihre Hörer:innen empowern kann:
I just want my music to make people feel like a bad bitch and make people feel like they are as powerful as they want to be.”
Im Interview mit Dork
Im November 2018 bringt sie ihr Debüt-Album „Tommy Genesis“ heraus, das vom Sound her weicher und poppiger klingt, aber genauso explizite und offene Lyrics enthält wie ihr Mixtape. Die britische Sängerin und Songwriterin Charlie XCX remixt ihre Single „100 Bad“ und verschafft Tommy noch einmal einen weiteren Bekanntheitsschub. Sie supportet Charlie XCX auf ihrer Tour und begleitet 2018 auch Dua Lipa auf ihren Konzerten.
Tommy Genesis ist außerdem Model: 2016 zierte ihr Gesicht die Calvin-Klein-Herbstkampagne. Zusammen mit M.I.A., ebenfalls Rapperin mit tamilischen Roots, stand sie für die Mercedes-Benz-Kampagne #mbcollective vor der Linse.
Im Mai 2020 meldet sich Tommy Genesis nach zwei Jahren Releasepause mit der Single „peppermint“ zurück und kündigt damit ihr neues Album „goldilocks x“ an. Darauf zeigt sie sich selbstbewusster denn je, wie folgende Zeilen demonstrieren:
I’m the bitch that makes fetish rap
I talk a lot of weird shit and they copycat
Lick my dick in circles on my abdomen
They call me Adam, Eve and Genesis“
Im Vergleich zum Vorgänger-Album „Tommy Genesis“ gerät „goldilocks x“ noch experimenteller. Rap-Tracks folgen auf Pop- und Deep House-Songs, und zwischendrin findet sich auch der ein oder andere Punk- und Indie-lastige Track wieder. Was sich auf dem ersten Blick chaotisch und wenig kompatibel anhört, lässt in der Gesamtheit einen einzigartigen Tommy-Genesis-Sound entstehen: wahrscheinlich eines der interessantesten Alben des Jahres 2021. Die Single „a woman is a god“ funktioniert schon jetzt als eine Hymne für lange Clubnächte, mit der eingängigen Hook: „If a man is a man, then a woman, a woman is a god.“
Als nächstes steht für Tommy Genesis eine Welttournee an (mit einem Stopp in Berlin im Mai 2022). Sicher werden wir auch in Zukunft noch einiges von ihr hören und sehen.