„Enter the Wu-Tang“ war die erste CD, die Ville Valoton kaufte. Seit sie sich erinnern kann, war HipHop ein Teil ihres Lebens. Die Mischung aus interessant, sexy und gefährlich, die sie im Rap fand, faszinierte sie. Vorerst blieb Musik jedoch nur ein Hobby, denn ab dem zehnten Lebensjahr widmete sie sich erst einmal ausschließlich der Film- und Videokunst. „Ich wurde sehr jung in die Filmuniversität aufgenommen. Sie nehmen dort nur zwei Regiesseurstudenten pro Jahr, und das hat mein Leben nachhaltig geprägt“, erinnert sich die LGBT+-Künstlerin, die sogar drei Spielfilme drehte. Ihre Filme waren in ihrem Heimatland Finnland sehr beliebt, liefen europaweit auf Festivals und waren sogar im deutschen Fernsehen zu sehen. Doch weil man bekanntlich aufhören soll, wenn es am schönsten ist, beschloss die junge Regisseurin, ihre Karriere auf dem Höhepunkt zu beenden, nach London zu ziehen und sich auf Musik zu konzentrieren.
Eigentlich heißt Ville Wille, doch ihr Künstlername Ville Valoton ist eine Hommage an HIM-Frontsänger Ville Valo. „Valo“ bedeutet Licht, und „Valoton“ bedeutet lichtlos. Das Spiel mit Gegensätzen findet sich auch in ihrem Sound wieder. Auf zeitgemäßen Trap-Beats verbindet Ville Valoton rotzige Punk-Attitude mit der Unsicherheit einer Transfrau. In ihren Texten geht es um Drogen, Luxus- und Designermarken, aber auch um ihre Beziehungen zu vertrauten Personen wie Ehemann Siiri oder Bodyguard Leon.
Bei der Produktion hat Ville Valoton ein starkes Team an ihrer Seite. Dennoch lässt der gewünschte Erfolg in ihrem Heimatland bisher auf sich warten. „Die Leute scheinen Angst vor mir und meiner Musik zu haben“, vermutet die erste finnische Transgender-Rapperin. „Wir haben zwei Jahre lang mit den heißesten Produzenten des Landes an meinem Debüt gearbeitet. Es wurde in den finnischen Medien nirgends erwähnt, dabei wurden die Tracks selbst auf NTS in Großbritannien gespielt – und das obwohl die Texte sind auf Finnisch sind.“ Klingt, als sei Finnland nicht so tolerant wie allgemein vermutet. „Ich bin nach London gezogen, weil ich es satt hatte, dass Leute mich anstarrten und diskriminierten. In London fühlte ich mich viel freier. Dort starrt niemand.“ Mittlerweile wohnt Ville Valoton wieder in Helsinki und hat begonnen, selbst zu produzieren.
Dass es in ihrem Heimatland mit dem musikalischen Durchbruch bisher nicht so recht klappen wollte, ignoriert sie. Längst denkt sie größer: Ihr internationales Produktionsdebüt, die „28 Grams In A Jar“-EP, ist ab sofort über True Aether erhältlich.