Die in Niamey, Niger geborene ZM ist eine echte Pionierin des Female HipHop Westafrikas. Zara Moussa bewegt sich bereits seit einiger Zeit in der HipHop-Szene Niameys und singt im Hauptstadtorchester, dem „Orchester Liza de Niamey“, als sie 2002 von einer Ausschreibung der französischen Botschaft für einen HipHop-Contest erfährt. Zu ihrem Freundeskreis zählen damals viele erfolgreiche Rapper ihres Landes. Doch als sie erwähnt, dass sie an dem Wettbewerb teilnehmen möchte, wird sie als Frau erst einmal nicht ernst genommen. Rap ist damals in Niger eine hundertprozentige Männerdomäne.
Doch ihr Ehrgeiz ist geweckt und sie lässt sich von den Bedenken ihres Umfelds nicht unterkriegen. Im Gegenteil, sie beschäftigt sie sich intensiv mit HipHop und Künstlern wie IAM und MC Solar und findet im Rap ihr Medium, um sich künstlerisch auszudrücken und ein wichtiges Thema zu adressieren: Frauenrechte. Zara Moussa betont, dass sie den Mut und das Selbstbewusstsein, als Frau an dem Contest teilzunehmen und zu rappen, einzig der liberalen Erziehung ihrer Großmutter zu verdanken hat.
Ihr Mut zahlt sich aus. Sie gewinnt den Wettbewerb, was ihr nicht nur den Respekt ihrer männlichen Kollegen sowie ihrer Freunde und Familie einbringt, sondern auch die Möglichkeit, ihre ersten beiden Singles aufzunehmen.
Als ihr dann eine NGO einen Wohnwagen zur Verfügung stellt, bereist sie ihr Land, lernt Frauen in den entlegensten Winkeln und Dörfern Nigers kennen und tauscht sich mit ihnen aus.
J’ai vu la vraie vie de la femme dans le milieu rural. Elle n’a pas de repos : elle se lève très tot, elle dort très tard, elle a beaucoup d’enfants, elle est malade. J’ai eu la chance d’aller à l’école… Je fais cette comparaison, et cela me fait mal.“
„Ich habe das wahre Leben von Frauen in den ländlichen Gebieten gesehen. Sie ruhen sich niemals aus: Sie stehen sehr früh auf, sie gehen sehr spät ins Bett, haben viele Kinder, viele sind krank. Ich hatte das Glück, zur Schule zu gehen … Ich sehe den Vergleich und er tut mir weh.“
Ihre daraus gewonnenen Erfahrungen verarbeitet sie in ihren Texten. Ihre Heimat Niger ist mit mehr als sieben Kindern pro Frau eines der Länder mit den höchsten Geburtsraten der Welt. Die Bildung von Mädchen ist eine Seltenheit, ihre Bedürfnisse finden kaum Gehör. Hier sieht sich Zara Moussa als Stimme derer, die keine Stimme haben.
Hip Hop became to me a social protest weapon.”
In ihren Texten setzt sie sich nicht nur für die Rechte von Frauen ein. ZM nutzt ihre neu gewonnene Bekanntheit auch, um soziale Themen wie Armut und politische Fragestellungen, aber insbesondere auch Tabuthemen wie Sexualität, Familienplanung, häusliche Gewalt und AIDS anzusprechen.
Sie rappt auf Französisch sowie in den Landessprachen Hausa und Zarma.
Verschiede Sprachen zu benutzten sieht ZM als Möglichkeit, soziale Grenzen zu durchbrechen: Sie möchte sichergehen, das jede:r, insbesondere die Frauen, über deren Themen sie spricht, ihre Songs verstehen und sich dadurch repräsentiert fühlen.
In Niger wird Musik nicht als lohnende Investition gesehen. Dementsprechend schlecht ist die Infrastruktur, wenn es darum geht, Musik zu produzieren. Aber Zara Moussa hat Glück, ihr ehemaliger Mann besitzt ein Studio, in dem sie ihre Aufnahmen machen kann.
2005 veröffentlicht sie als erste Rapperin Westafrikas ein Soloalbum, „Kirari“, das sie zusammen mit ihrem Ex-Mann selbst produziert hat.
Im Jahr 2012 veröffentlicht ZM ein weiteres Album, „Ma Rage“.
In ihrer Musik vereint sie HipHop mit afrikanischen Einflüssen. Mal poetisch, dann wieder explosiv, immer perkussiv, kreiert Zara einen HipHop-Stil, in dem sich „Ragga“-Sounds und afrikanische Melodien vermischen. Darauf angesprochen sagt sie:
My music is maybe a mix between typically Nigerian music and hip hop to your hears but I would say it is just typical “me”!“
Sie erlangt Bekanntheit über ihre Landesgrenzen hinaus, wird zur WOMEX – Worldwide Music Expo eingeladen und tourt 2014 durch die Bretagne. In einer Aktion von Lyoner Feministinnen zur Umbenennung von Straßen, um auf den Missstand aufmerksam zu machen, dass lediglich 2 % der Straßen in Lyon nach Frauen benannt sind, wird eine Straße nach ihr benannt.
Seit einigen Jahren ist es still geworden um ZM. Bleibt zu hoffen, dass die Aktivistin, Frauenrechtlerin, dreifache Mutter und großartige Musikerin bald wieder die Zeit findet, neue Songs zu veröffentlichen.